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Politik: Hinter den Linden: Im Parteienwald

Hinter den Linden wächst ein Wald. Wir, die wir hier leben, haben das bisher gar nicht bemerkt.

Von Robert Birnbaum

Hinter den Linden wächst ein Wald. Wir, die wir hier leben, haben das bisher gar nicht bemerkt. Aber so verwunderlich ist das ja nicht: Bekanntlich sieht man leicht den Wald vor lauter Bäumen nicht. Aufmerksam gemacht hat uns jetzt erst der Oberforstmeister Peter Struck. Die Union "schwankt wie eine Tanne im Wind", hat der SPD-Fraktionschef diagnostiziert. Und auf Befragen gleich noch weitere Bestandteile der politischen Flora benannt: Für die SPD-Fraktion stehe die Eiche, fest und solide, für die Grünen hingegen die Pappel, "die manchmal zittert".

Kein Zweifel, die Strucksche Politobotanik hat etwas für sich. Vielleicht steckt ja sogar eine sehr viel umfassendere Wesensverwandtschaft dahinter, als der Urheber ahnt. Nehmen wir die Weißtanne, Abies alba: ein Pfahlwurzler mit bescheidenen Ansprüchen an die Boden-Qualität und: "Außer der Eibe ist keine andere Baumart in der Lage, bis zu 200 Jahre lang mit bescheidenstem Lichtgenuss zu überleben, um sich nach Freistellung zu einem vollwertigen Bestandsmitglied zu entwickeln." Sehen wir nicht die verwurzelte Volkspartei, durch Spendenaffären ins Dunkel verbannt? Das mit den 200 Jahren muss man ja nicht wörtlich nehmen.

Oder die Stieleiche, Quercus robur: "Hart und industriefest, anspruchslos und robust", vermerkt das botanische Lexikon. Das passt zum Struckschen Selbstbild. Nur mit der Pappel ... - also, die Silberpappel, Populus alba, ist nicht nur resistent gegen Trockenheit und Stadtklima. Das Fachbuch beschreibt sie obendrein als "sehr windfest". Und: "Erreicht ein hohes Alter." Da erlauben wir uns, was die Grünen anbetrifft, gewisse Zweifel anzumelden.

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