Politik: Hinter den Linden: Wer sticht?
Ja, wir haben Wahlkampf. Bald stehen die Innenstädte wieder voller Plakatwände, und von den Laternen baumeln lächelnde Politikergesichter.
Ja, wir haben Wahlkampf. Bald stehen die Innenstädte wieder voller Plakatwände, und von den Laternen baumeln lächelnde Politikergesichter. Die Planer feilen an den richtigen Strategien, und aus der Union kommt ein Papier, wonach man auf "negative campaigning" setzen wolle. Das heißt? Oh Wunder: Die SPD soll angegriffen werden. Das erste Stoiber-Plakat ist vorgestellt, und auch der Dauerverdacht gegen jeden Wahlkampf, da stecke doch bestimmt ein gutes Stück Amerikanisierung drin, ist längst geäußert. Richtig traditioneller Wahlkampf besteht im Griff in die Zitatenkiste. Die SPD hat ein kleines Heftchen zusammengestellt, in dem die widersprüchlichsten Aussagen Edmund Stoibers zusammengestellt sind, des Mannes also, der von führenden Sozialdemokraten neuerdings gern "E. Stoiber" genannt wird. Gebrochene Versprechen, nicht eingelöste Zusagen, verrückte Positionen: Das ist klassisches Wahlkampf-Material.
Bundeskanzler G. Schröder höchstselbst hat 1999 ein Grußwort an den Deutschen Skatverband gerichtet. Darin findet sich der schöne Satz: "Skat als Sport fordert Kondition, Konzentration und Erfahrung." Deshalb freue er, Schröder, sich darüber, dass der Skatverband "mittels vieler Aktivitäten für diese Sportart wirbt". Hier nun hat die PDS drastisches Widerspruchspotenzial verortet. Hans Eichel, der Finanzminister, verweigert den Skatspielern nämlich die Anerkennung als Denksportart und damit die Steuerbegünstigung wegen Gemeinnützigkeit. Es fehle das "Merkmal körperliche Ertüchtigung". Das fuchst die PDS, der die darniederliegenden Ost-Skat-Spieler am Herzen liegen. Und hat nicht auch der SPD-Abgeordnete Peter Danckert postuliert: "Skat ist Denksport - wie Schach!"
Für den Skatsport will Finanzminister Eichel also nicht werben. Dafür lag in Deutschlands Briefkästen in den vergangenen Tagen ein Brief des Ministers, in dem er sich als Trommler für die Philatelie und Numismatik betätigt. Ja, das würde H. Eichel so passen: Das Sammeln von Briefmarken und Münzen als Volkssport. Gold-Euro-Stücke statt Pik-Buben! "Deutschland"-Wertzeichen statt Herz-Damen! Es lebe der Sport. Und natürlich der klassische Wahlkampf, also die Kunst des Herausarbeitens von Widersprüchen. Offen bleibt bei alledem, wer am Ende besser sticht: der Kanzler oder der Kandidat.
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