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© ANP

Hintergrund: Nacktscanner: Bis auf die Haut

Körperscanner sollen mehr Schutz vor Terroristen bieten. Ist der Einsatz dieser Geräte sinnvoll?

Im Zusammenhang mit dem geplanten Sprengstoffanschlag in der Maschine nach Detroit gibt es zunehmend Forderungen, flächendeckend Körperscanner einzusetzen. Weil einige der Geräte die Körperkonturen der Fluggäste sehr detailliert zeigen, werden sie oftmals auch als Nacktscanner bezeichnet.

Wie funktionieren diese Scanner?

Der Scanner soll Gegenstände finden, die am Körper getragen und von Metalldetektoren nicht erkannt werden. Dazu werden Terahertzstrahlen genutzt. Wie das sichtbare Licht sind sie ein Teil des elektromagnetischen Spektrums. Allerdings liegt ihre Wellenlänge zwischen Mikrowellen und dem Infrarotlicht, so dass sie vom menschlichen Auge nicht wahrgenommen werden, wohl aber von speziellen Detektoren. Die sind mittlerweile so präzise, dass sie auch die vom menschlichen Körper ausgehende Terahertzstrahlen erfassen. Diese durchdringen die Kleidung und erlauben so einen virtuellen Blick auf die Körperoberfläche – es sei denn, es befinden sich Flüssigkeiten oder Gegenstände darauf. Die zeigen sich als Schatten im Terahertzbild. Mittels Abtasten wird der Verdacht dann überprüft.

Warum wird der Scanner nicht eingesetzt?

Anders als in den USA oder Russland dürfen die Scanner in der EU nur auf freiwilliger Basis eingesetzt werden, da sie die Intimsphäre der Fluggäste verletzen. Das soll sich jedoch mit den neuen Geräten ändern. Sie zeigen nicht mehr die individuellen Körperkonturen des jeweiligen Fluggasts, sondern nur ein schematisches Bild, ähnlich den Piktogrammen auf Hinweisschildern. Deshalb kann auch nicht mehr die Rede von „Nacktscannern“ sein, sondern vielmehr von „Körperscannern“. Wird ein verdächtiger Gegenstand gefunden, blinkt der betreffende Bereich auf dem Körperschema auf.

Entsprechende Geräte werden seit Ende 2008 von der Bundespolizei getestet. „Sie sollen sowohl waffenähnliche Gegenstände als auch eine Reihe von gefährlichen Flüssigkeiten erkennen“, erläutert ein Sprecher der Bundespolizeidirektion in Potsdam. „Selbstverständlich müssen sie das Persönlichkeitsrecht wahren und zeigen, dass sie nicht gesundheitsschädlich sind.“ Denn mitunter werden auch Terahertzstrahlen auf die Personen gerichtet und das Rückstrahlmuster analysiert, um ein besseres Ergebnis zu erhalten. „Im Gegensatz zu Röntgenstrahlen haben Terahertzwellen eine sehr geringe Energie, so dass wir davon ausgehen, dass von ihnen keine Gesundheitsgefahr ausgeht“, sagt der Sprecher. Die Ergebnisse sollen erst nach Abschluss des Probelaufs bekannt gegeben werden, voraussichtlich wird das im Lauf des kommenden Jahres der Fall sein.

Wolfgang Bosbach (CDU), Unionsfraktionsvize und Vorsitzender des Bundestagsinnenausschusses, ist zuversichtlich, dass die Tests erfolgreich sein werden. „Wenn die Technik praxistauglich ist, also schnell und zuverlässig arbeitet, sollten wir sie auch einsetzen“, sagte er. Voraussetzung sei allerdings eine internationale Einigung. „Potenzielle Terroristen suchen sich schließlich die Flughäfen mit den geringsten Sicherheitsstandards.“ Neben Bosbach sprechen sich auch andere Unionspolitiker und Liberale für die Einführung der Körperscanner nach einer erfolgreichen Testphase aus.

Welche Grenzen hat das Verfahren?

Noch gibt es keine Testergebnisse von den neuen Geräten. Da das Funktionsprinzip aber darauf abzielt, Gegenstände auf der Körperoberfläche zu finden, dürften sie etwa Sprengstoff in Körperöffnungen kaum erkennen. Das will auch Bosbach nicht bestreiten. Der Geschäftsführer der Grünen-Fraktion im Bundestag, Volker Beck, hat grundlegende Zweifel an der Technik. „Ein Scanner der weder Anus praeter (künstlicher Darmausgang) noch Körperpiercings erkennt, wird auch keinen Sprengstoff am Körper erkennen können“, sagte er im Gespräch mit „Handelsblatt Online“. Aus seiner Sicht wahren auch die neuen Scanner nicht die Intimsphäre der Fluggäste, deshalb seien die Grünen strikt gegen einen flächendeckenden Einsatz.

Welche weiteren Sicherheitsvorkehrungen sind denkbar?

Neben Ganzkörperscannern gibt es mehrere Techniken zur Detektion von Gefahrstoffen, die zurzeit verfolgt werden. Das Bundesforschungsministerium unterstützt solche Projekte mit 29 Millionen Euro. Darunter ist etwa ein Handgerät, das mit Hilfe von Terahertzstrahlen in Schuhe, unter Kopfbedeckungen oder medizinische Verbände „blicken“ soll.

Der französische Innenminister Brice Hortefeux wartete gestern mit einem weiteren Vorschlag auf. Einem Bericht der Zeitung „Figaro“ zufolge will er nach US-Vorbild die Airlines verpflichten, persönliche Daten der Passagiere wie Kreditkartennummer, Postanschrift und Telefonnummer bereits bei der Reservierung der Flüge zu sammeln, damit diese ausgewertet werden können. Der Unionspolitiker Bosbach ist skeptisch: „Bis jetzt konnte mir niemand schlüssig darlegen, was das bringt. Vor allem wenn wir – wie geschehen – Personen auch dann mitnehmen, obwohl sie bereits auf Verdachtslisten stehen.“ Abdulmutallab, der am Freitag ein Flugzeug der Delta-Airlines in die Luft sprengen wollte, konnte den Flug antreten, obwohl er in einer amerikanischen Anti-Terror-Datenbank geführt wird.

Wer trägt die Kosten für die Sicherheitsmaßnahmen?

Die Kontrollgeräte auf den Airports kauft das Bundesinnenministerium. Wie teuer den Staat etwa neue Körperscanner kämen, ist noch nicht bekannt. Die Personen- und Gepäckkontrollen wiederum erfolgen durch die Bundespolizei beziehungsweise private Firmen. Die Kosten dafür werden über den Ticketkauf auf den Passagier umgelegt. Sie variieren je nach Flughafen und liegen bei zwei bis zehn Euro.

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