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Politik: Hisbollah regiert in Libanon mit

In Beirut steht das neue Kabinett / Radikal-islamische Bewegung erstmals beteiligt / USA: Kein Kontakt zu diesem Minister

Nach wochenlangem Tauziehen steht in Libanon die Regierung: Zum ersten Mal in der Geschichte des Landes sitzt die schiitische Hisbollah mit am Kabinettstisch und stellt den Energieminister Muhammad Fneish. Der unabhängige schiitische Politiker Fawsi Salukh wird Außenminister. Die Bewegung des ehemaligen Bürgerkriegsgenerals Michel Aoun, der sich in den Wahlen als neuer Christenführer etablierte, ist nicht in der Regierung.

Am Dienstagabend stimmte der pro-syrische Präsident Emile Lahud dem Kabinett von Premier Fuad Siniora zu, nachdem es laut Medienberichten bis zuletzt Streit zwischen den beiden Politikern um den Posten des Justizministers gegeben hatte. Diesen übernimmt der Maronit Charles Risk, der dem Präsidenten nahe steht. Lahuds Schwiegersohn Elias Murr behält das Verteidigungsministerium und bleibt Vizepremier. Lahud, dessen Mandat von Syrien im vergangenen Herbst mit Hilfe einer Verfassungsänderung verlängert wurde, soll mehrfach erfolgreich Einspruch gegen bestimmte Kandidaten erhoben haben.

Premier Siniora hatte sich darum bemüht, alle politischen Gruppen in die neue Regierung einzubinden. Mit der islamistischen Hisbollah, die Syrien und Iran nahe steht, ist ihm dies gelungen. Er sei „stolz“, den hohen Repräsentanten der Bewegung in seinem Kabinett zu sehen, sagte Siniora. Libanon wünsche gute Beziehungen zu Syrien. Auch der neue Außenminister wird als syrienfreundlich eingeschätzt. Allerdings wird die Hisbollah beispielsweise von den USA als terroristische Vereinigung eingestuft. Ein Sprecher des amerikanischen Außenministeriums stellte am Mittwoch klar, Washington werde keine Kontakte mit dem Hisbollah-Minister haben. Dies werde jedoch die Zusammenarbeit mit der gesamten Regierung nicht behindern.

Die Regierungsbeteiligung der Hisbollah könnte noch in einem anderen Punkt problematisch werden: Die UN-Resolution 1559 fordert deren vollständige Entwaffnung. Die Bewegung, die 14 Abgeordnete im Parlament stellt, hatte sich als Widerstandsgruppe zur israelischen Besetzung des Südlibanon gebildet. Auch pro-westliche Politiker wie Wahlsieger Saad Hariri, der Sohn des ermordeten Ex-Premiers Rafik Hariri, lehnen aber die Entwaffnung der Bewegung ab. „Viel Glück“ wünschte denn auch die Zeitung „L’Orient le Jour“ der neuen Regierung mit gewisser Skepsis.

Siniora bedauerte, dass es ihm nicht gelungen sei, die Freie Patriotische Bewegung des Christenführers Aoun einzubinden. Aoun hatte zunächst das Justizministerium gefordert, später mindestes fünf Ministerposten. Doch Siniora wollte ihm nur vier Posten anbieten und so lehnte der radikale Politiker eine Regierungsbeteiligung ab.

Der Leiter der UN-Untersuchungskommission zur Aufklärung des Mordes an Ex-Premier Rafik Hariri, Detlev Mehlis, hat den Leiter der Präsidentengarde, Mustafa Hamdan, als einen „Verdächtigen“ bezeichnet. Der Berliner betonte aber in der Zeitung „Le Figaro“, die Ermittlungen seien noch nicht abgeschlossen. Hamdan habe sich verdächtig gemacht, da er den Auftrag zur Säuberung des Tatortes gegeben haben soll, sagte Mehlis. Der Chef der Präsidentengarde wurde neun Stunden lang verhört, sein Haus wurde durchsucht. Würde sich der Verdacht erhärten, könnte Präsident Lahud ins Visier der Ermittler geraten. Die Opposition hatte ein Geflecht aus syrischen und libanesischen Geheim- und Sicherheitsdiensten für den Anschlag auf Hariri im Februar verantwortlich gemacht.

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