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Historische Einladung: Putin und Tusk: Gemeinsam an den Gräbern

In den gespannten Beziehungen zwischen Polen und Russland zeichnet sich Entspannung ab: 70 Jahre nach dem Massenmord an polnischen Soldaten in Katyn durch den sowjetischen Geheimdienst will der russische Ministerpräsident Wladimir Putin im April an den Gedenkfeiern teilnehmen.

Putin habe selbst eine Einladung zum gemeinsamen Gedenken an seinen polnischen Amtskollegen Donald Tusk ausgesprochen, hieß es in Moskau, Tusk habe sie angenommen.

Der polnische Premier sprach am Donnerstag von einer Geste mit hohem Symbolwert: Zum ersten Mal würden die Regierungschefs der beiden Länder gemeinsam des Jahrestags des Massakers in Katyn gedenken. Zugleich erinnerte Tusk daran, dass Putin bereits an den Feierlichkeiten zum Jahrestag des Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs in Danzig am 1. September 2009 teilgenommen hatte. Beides gebe „Anlass zur Hoffnung, dass unser Gespräch über die Geschichte Polens und Russlands langsam, aber konsequent fortgeführt wird“, sagte Tusk. Ziel sei es, dass die polnisch-russischen Beziehungen immer besser würden.

Der Ort Katyn ist in Polen ein zentrales Symbol für die Unterdrückung und den Terror, den das Land durch die sowjetischen Besatzer erleiden musste. Nach dem Einmarsch der Roten Armee in Ostpolen im Jahr 1939 wurden fast 15 000 polnische Offiziere, Reservisten, Grenzbeamte, und Polizisten festgenommen, die später unter anderem in Katyn vom Geheimdienst NKWD ermordet  wurden.

Kaum hatten deutsche Soldaten im Februar 1943 die Massengräber im Wald von Kozy Gory bei Katyn entdeckt, wurde dieser Fund zu einem wesentlichen Element der nationalsozialistischen Propaganda gegen die Sowjetunion. Im Gegenzug behaupteten die sowjetischen Medien, die polnischen Gefangenen seien im Herbst 1941 von den Deutschen ermordet worden. Diese Lüge wurde fünfzig Jahre lang von Moskau wiederholt. Erst Michail Gorbatschow gestand die sowjetische Schuld an dem Massaker offiziell ein. Die heutigen Machthaber im Kreml tun sich allerdings überaus schwer damit, die Ermordeten als Opfer des damaligen stalinistischen Terrors anzuerkennen.

Die liberale polnische Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“ kommentierte, die Einladung nach Katyn sei ein weiterer Schritt in der Annäherung der beiden Länder, nachdem Putin bereits an den Gedenkfeiern auf der Danziger Westerplatte teilgenommen hat. Nun biete sich endlich die Chance, die bilateralen Beziehungen zu entwickeln, „ohne dabei die Tragik der Geschichte zu vergessen“.

Knut Krohn[Warschau]

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