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Hochschulfinanzierung: Warum das Modell der Studiengebühren gescheitert ist

Auch in Bayern wird der Uni-Besuch die Studenten bald vielleicht nichts mehr kosten. Wie kann die Hochschulfinanzierung in Zukunft aussehen?

Innerhalb von zwei Tagen, nachdem der bayerische Verfassungsgerichtshof ein Volksbegehren gegen die unbeliebten Studiengebühren für rechtens erklärt hat, zeichnet sich in der CSU eine komplette Kehrtwende ab. In der Fraktion mit der FDP wird nun offenbar hitzig debattiert, die Studiengebühren abzuschaffen. Bisher kostet das Studium in Bayern bis zu 500 Euro pro Semester.

Wieso überlegt jetzt auch Bayern, die Studiengebühren abzuschaffen?

Hinter der Diskussion steht die Angst, den möglichen Volksentscheid im Wahljahr 2013 zu verlieren. Vor allem an der christsozialen Basis glaubt man immer stärker zu erkennen, dass weite Teile der Bevölkerung die Gebühr ablehnen. Auch die Junge Union rückt von der Zahlung ab.

Werden zum Jahresbeginn bayernweit Stimmen für einen Volksentscheid gesammelt – zehn Prozent der Wahlberechtigten müssten sich in die Listen eintragen –, dürfte dies eine verheerende Wirkung auf die Regierung haben. Die Opposition hätte ihr Wahlkampfthema gefunden, im September sind Landtagswahlen. SPD-Herausforderer Christian Ude hatte schon früher angekündigt, im Falle eines Sieges als erste Amtshandlung die Studiengebühren abzuschaffen. Am stärksten steht noch die FDP hinter der Uni-Maut. Kein Wunder: Eine Abschaffung würde die Hochschulpolitik des liberalen Wissenschaftsministers Wolfgang Heubisch gleichsam zertrümmern. 180 Millionen Euro nahmen die Universitäten im Jahr 2011 über die Abgabe ein. Es wäre kaum möglich, diese Lücke aus dem Staatshaushalt zu decken. Doch auch in der FDP beginnt das Umdenken. Landesvize Andreas Fischer stellte sich offen gegen die Gebühren. Von der Partei wird dies bisher als „Einzelmeinung“ abgetan.

Wie argumentieren die Niedersachsen als letzte Gebühren-Bastion?

Drei Monate vor der Landtagswahl am 20. Januar 2013 entwickeln sich die Studiengebühren in Niedersachsen zu einem Hauptthema im Wahlkampf. Das Land verlangt als einziges Bundesland außer Bayern von seinen Studenten Gebühren von 500 Euro pro Semester. Die SPD hat für den Fall eines Wahlsieges die Abschaffung der Semesterbeiträge angekündigt und gleichzeitig den Hochschulen einen finanziellen Ausgleich versprochen.

Die schwarz-gelbe Landeskoalition will sich von den Erwägungen der CSU in Bayern aber nicht beeindrucken lassen. „Es gibt keinen Grund, warum wegen des Urteils in Bayern bei uns die Studiengebühren abgeschafft werden sollten“, sagte FDP-Wirtschaftsminister Jörg Bode. Die Universitäten seien auf das Geld angewiesen, die Beiträge sozial ausgestaltet. Ein Sprecher von Wissenschaftsministerin Johanna Wanka (CDU) argumentiert, mit den Beiträgen werde die Qualität der Lehre und der Studienbedingungen wahrnehmbar verbessert. Sie seien ein Anreiz zum Studieren – unabhängig von der sozialen Herkunft.

Warum ist das Modell bundesweit gescheitert?

Warum scheitert das Modell bundesweit?

Ein Grund sind veränderte politische Mehrheiten. In der Regel wurden die Gebühren abgeschafft, nachdem SPD oder Grüne in vormals unionsgeführten Ländern an die Macht kamen. Jüngste Beispiele sind Hamburg und Baden-Württemberg, wo Studierende seit diesem Jahr keine Gebühren mehr zahlen. Allerdings hat die Gebührenbegeisterung auch bei der Union schon länger nachgelassen, obwohl sich die CDU in ihrem aktuellen Bildungsprogramm zu den Abgaben bekennt. So verzichtete die CDU in Hessen darauf, die 2008 abgeschafften Studiengebühren wiedereinzuführen. Man akzeptiere, dass die Mehrheit der Wähler gegen Gebühren sei, hieß es damals. In Ostdeutschland wurden allgemeine Studiengebühren nie eingeführt, weil es die Unis dort sowieso schwer haben, genügend Studierende anzuziehen.

Welche anderen Finanzierungsmodelle gibt es?

Zunächst einmal fordern die bayrischen Hochschulen Ausgleichszahlungen, sollten die Studiengebühren abgeschafft werden. Ansonsten müssten die Hochschulen Angebote in der Lehre, die mit Studiengebühren aufgebaut wurden, herunterfahren. Tatsächlich haben die Länder, die  Gebühren abschaffen, bisher immer Ersatz gezahlt. Oft ist das aber weniger, als sich die Unis wünschen.

Die meisten Länder können schon jetzt ihre Unis nicht angemessen ausstatten. Seit Jahren wird daher diskutiert, den Bund an der Grundfinanzierung der Unis zu beteiligen. Bisher darf er Hochschulen nicht dauerhaft finanzieren. Die Geister scheiden sich jedoch daran, wie die nötige Grundgesetzänderung aussehen soll. Ein Vorschlag von Ministerin Annette Schavan ist im Bundesrat durchgefallen, er wäre darauf hinausgelaufen, dass der Bund vor allem Spitzeninstitute an Unis fördert. Der Opposition ging das nicht weit genug: Sie will auch die Grundfinanzierung der Hochschulen und Schulen einbeziehen. Bayerns Wissenschaftsminister Heubisch hat vorgeschlagen, Bund und Länder sollten gemeinsam die Grundfinanzierung aller Hochschulen pro Jahr um fünf Prozent aufstocken. 

Vorschläge, wie der Staat insgesamt mehr Milliarden für die Bildung einnehmen könnte, gibt es ebenfalls. Reiche könnten etwa einen „Bildungssoli“ zahlen, wie es die SPD vorschlägt. Auch die Erbschaftssteuer könnte dafür erhöht werden. Die Grünen wollen ebenfalls einen „Bildungssoli“. Sie wollen dafür die überschüssigen Mittel aus dem Solidarpakt Ost verwenden.

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