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Die Ratingagentur Fitch rechnet in Deutschland mit einem volkswirtschaftlichen Schaden von 12 Milliarden Euro.

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Update

Hochwasser 2013: Wie die Bundesländer von der Flut betroffen sind

Der Bundestag hat am Freitag dem Fluthilfefonds zugestimmt. Nun können die Mittel fließen. Acht der 16 Bundesländer sind betroffen. Der Stand der Hochwasserbilanzen - ein Überblick.

Der Bundestag hat am Freitag einmütig den Hilfsfonds mit acht Milliarden Euro gebilligt, aus dem die Schäden durch die Frühjahrshochwasser beglichen werden sollen. Finanziert wird der Fonds durch eine Erhöhung der Neuverschuldung. Der Bund geht dabei in Vorleistung, die Länder stottern ihren Anteil bis 2033 ab. Mit dem Geld sollen Flutschäden an der Infrastruktur behoben und betroffene Privathaushalte und Unternehmen unterstützt werden. Dabei geht es auch um Schäden für die Landwirtschaft. Auch bessere Schutzmaßnahmen sollen daraus finanziert werden. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wies Kritik am Verfahren zurück. „Wenn es eine Situation gibt, wo man kurzfristig wieder Schulden machen muss, dann ist es eine solche Notsituation“, sagte er. „Das nächste Jahrhunderthochwasser kommt bestimmt und es kommt nicht erst in 100 Jahren“, sagte Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn. Hier reiche es nicht, Deiche zu verstärken, wichtig sei auch, „dem Fluss mehr Raum zu geben“ und ganzheitliche Konzepte für den gesamten Flussverlauf zu entwickeln. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) lobte im Bundestag ebenso wie weitere Redner den Einsatz von 1,7 Millionen ehrenamtlichen Helfern, um die Hochwasserschäden in Grenzen zu halten. Dies habe bewiesen, „dass sich die Deutschen in Notsituationen aufeinander verlassen können“.

Das Ausmaß der Hochwasserschäden auf Agrarflächen wird zusehends größer. Mittlerweile sind auf knapp 499 000 Hektar Beeinträchtigungen durch Überschwemmungen und Starkregen festgestellt worden, wie das Bundeslandwirtschaftsministerium mitteilte. Dies sind fast 70 000 Hektar mehr als in einer Schätzung vor zwei Wochen. Am stärksten betroffen ist demnach Sachsen-Anhalt mit 117 000 Hektar. Die Erhebungen sind noch nicht überall beendet.

Acht der 16 Bundesländer waren von den Fluten direkt betroffen, allerdings in unterschiedlichem Maße. Die mit Abstand am stärksten in Mitleidenschaft gezogenen Länder waren Sachsen, Sachsen-Anhalt und Bayern. Noch gibt es keine Gesamtbilanz der Schäden; die einzelnen Länder müssen dem Bund erst zum 10.Juli Meldung machen. Doch vereinzelte Übersichten gibt es bereits.

SACHSEN:

In der Regierungszentrale in Dresden hat man schon einen recht detaillierten Überblick. Regierungssprecher Christian Hoose nennt eine vorläufige Schadensumme von 1,922 Milliarden Euro. Es ist eine Ersterfassung – mögliche Folgeschäden, die man jetzt noch nicht erkennen kann, dürften die Summe noch erhöhen. Der größte Teil davon, gut 40 Prozent oder 780 Millionen Euro, entfallen auf die Kommunen und deren kaputte Infrastruktur. Ein gutes Drittel dieser Summe betrifft Schäden an Straßen und Brücken. Insgesamt haben die Kommunen 13700 Schadenfälle registriert. Allein die Landeshauptstadt Dresden hat Schäden in Höhe von 137 Millionen Euro gemeldet. Das Land Sachsen selbst muss wohl mit mindestens 385 Millionen an Schäden rechnen (darin sind auch Bundesstraßen enthalten). Von Privatpersonen kommen Schadenmeldungen in Höhe von bislang 431 Millionen. Eine relativ hohe Summe hat auch das private Gewerbe gemeldet – dort kommen bisher 263 Millionen Euro zusammen. Eher gering mutet der Schaden an, der in der Landwirtschaft entstand – nur drei Prozent der Gesamtsumme oder 57 Millionen Euro. Doch wird in Dresden darauf verwiesen, dass in der Ersterfassung Ertrags- und Umsatzeinbußen noch nicht erfasst sind.

SACHSEN-ANHALT:

Während in Dresden schon Zahlen zu erhalten sind, hält man sich in Magdeburg noch bedeckt. Mit bis zu zwei Milliarden Euro sei wohl zu rechnen, hieß es vor einigen Tagen inoffiziell. Ein Regierungssprecher sagt aber auf die Frage nach der Schadenhöhe: „Da muss ich Sie enttäuschen, wir sammeln noch.“ In den Gemeinden liefen die Erfassungen noch, vorher gebe man keine Zahlen heraus. Allenfalls für das Land gibt es erste Schätzungen – die Schäden an Straßen werden auf etwa 70 Millionen Euro beziffert.

BAYERN:

Zumindest den bayerischen Arbeitsmarkt lässt die Hochwasserkatastrophe unbeeindruckt. Zwar war in großen Teilen Niederbayerns noch vor kurzem Land unter. Doch gerade für diesen Regierungsbezirk vermeldet die Arbeitsagentur weiterhin die bayernweit niedrigste Arbeitslosenquote von 2,9 Prozent. Am stärksten hat es Firmen, das Kleingewerbe sowie Privathaushalte getroffen. Die bayerische Industrie- und Handelskammer (IHK) geht bei Betrieben und Privaten vage von einem Schaden aus, der „die Milliardengrenze sicherlich überschreitet“. In Niederbayern stünden 3000 bis 4000 Betriebe vor dem Aus. Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU) nennt einen Schaden von insgesamt 115 Millionen Euro durch Starkregen und Hochwasser. 30000 Hektar Acker- und 35000 Hektar Grünland sind betroffen. Auch wurden Gebäude wie Ställe, Landmaschinen und landwirtschaftlich genutzte Wege beschädigt. Bei den Gewerbetreibenden besteht das Problem, dass die allermeisten nicht gegen Elementarschäden versichert sind. Denn Versicherungen in Gegenden, in denen Hochwassergefahr besteht, sind kaum zu bezahlen – oder gar nicht zu erhalten. THÜRINGEN: Das Innenministerium hat offenbar noch überhaupt keinen Überblick der Schäden im Land. Thüringens Land- und Forstwirte haben ihre Rechnung allerdings schon aufgestellt. Agrarstaatssekretär Roland Richwien rechnet mit Schäden von 22,2 Millionen Euro. Für Betriebe, die wie etwa zahlreiche Gärtnereien in ihrer Existenz bedroht seien, stellen Bund und Land vorerst fünf Millionen Euro bereit.

BRANDENBURG:

Angaben des brandenburgischen Landwirtschaftsministeriums zufolge wurden landesweit rund 38000 Hektar Agrarfläche überschwemmt, dadurch wird ein Großteil der Ernte vernichtet. Allein in den sogenannten Havelpoldern, in denen zur Entlastung der Elbe bis zu 50 Millionen Kubikmeter Wasser gestaut wurden, sind 7600 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche betroffen. Der finanzielle Schaden der Bauern wird auf knapp 43 Millionen Euro geschätzt. Einbußen wegen des Hochwassers haben aber auch Brandenburgs Tourismusanbieter. So war der Spreewald rund eine Woche lang aufgrund der erhöhten Fließgeschwindigkeit auch für die beliebten Spreewaldkähne gesperrt. Der Verlust soll täglich bis zu 150000 Euro betragen haben. Zudem beklagen Hoteliers und Gastwirte in den vom Hochwasser betroffenen Regionen wie der Prignitz zahlreiche Stornierungen, teilweise bis zu 100 Prozent, im Havelland bis zu 50 Prozent und auch im Spreewald bis zu 20 Prozent.

NIEDERSACHSEN:

„Bei uns haben die Dämme gehalten.“, sagte der Sprecher des niedersächsischen Innenministeriums Philipp Wedelich. Die Schäden seien entsprechend gering. Dennoch hat das Land ein Soforthilfeprogramm in Höhe von 20 Millionen Euro aufgelegt, zusammen mit Zahlungen aus dem Bund kommen so 40 Millionen Euro zusammen. Damit sollen Privatpersonen mit maximal 2500 Euro pro Haushalt unterstützt werden. Bei Härtefällen, die in eine soziale Notlage geraten, können bis zu 20000 Euro pro Haushalt ausgezahlt werden. Schäden an Gebäuden werden ab einem Gesamtschaden von 10000 Euro mit maximal 5000 Euro kompensiert. Da das Land aber immer nur für maximal 25 Prozent des Gesamtschadens aufkommt, dürfte die tatsächliche Schadensbilanz mit mindestens 160Millionen Euro weit höher liegen.

MECKLENBURG-VORPOMMERN:

Vom Hochwasser betroffen war nur der Landkreis Ludwigslust-Parchim. Schäden konnten dort durch den Einsatz vieler freiwilliger Helfer, die Deiche erhöhten und Sandsäcke stapelten, verhindert werden.

SCHLESWIG-HOLSTEIN:

Nur die Stadt Lauenburg ist vom Hochwasser betroffen. Mindestens acht Millionen Euro Schäden sind dieses Jahr wohl verursacht worden. Das Land hat eine Soforthilfe von zwei Millionen Euro zugesagt. (mit dpa)

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