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Politik: Hoffen auf ein schnelles Ende

Paris warnt vor den Kriegsfolgen – wie Moskau und Peking

Von Sabine Heimgärtner, Paris

und Elke Windisch, Moskau

Der Pariser Alltag ist am Tag des ersten amerikanisch-britischen Militärschlages gegen den Irak aus den Fugen geraten. Schon am frühen Morgen liefen in den Cafés und Bistros die Radiogeräte auf voller Lautstärke, „Bagdad, la guerre" (Bagdad, der Krieg) prangte in großen Lettern auf der Titelseite der Zeitung „Le Figaro", die mit der Kriegsnachricht bereits um fünf Uhr morgens mit einer Sonderausgabe erschien. Auf den Straßen und in den öffentlichen Verkehrsmitteln gab es in Frankreich, dem europäischen Land mit dem größten arabischstämmigen Bevölkerungsanteil, kein anderes Gesprächsthema als den Krieg.,

Präsident Jacques Chirac sagte in einer Fernsehansprache: „Ich hoffe, dass die militärischen Operationen so schnell und so wenig mörderisch wie möglich beendet werden." Mit seinen diplomatischen Bemühungen für eine friedliche Lösung der Irakkrise hatte er Frankreich in den vergangenen Monaten zum wichtigsten Sprachrohr der Antikriegsländer gemacht. Ebenso wie Russland und China, die beiden anderen Vetomächte im UN-Sicherheitsrat, die einen Krieg strikt ablehnen, verurteilte Chirac die Angriffe auf Bagdad scharf. Der Krieg werde „unabhängig von seiner Dauer schwerwiegende Konsequenzen für die Zukunft" haben, erklärte er.

Das Außenministerium in Peking sprach von „Umgehung des UN-Sicherheitsrates und Missachtung des Widerstandes der Weltgemeinschaft“. Der russische Präsident Wladimir Putin forderte ein sofortiges Ende der Kampfhandlungen. Die Anwendung militärischer Gewalt gegen den Irak sei „durch nichts gerechtfertigt“, sagte er auf einer Sondersitzung des russischen Sicherheitsrats im Kreml. „Wenn wir zulassen, dass Völkerrecht durch Faustrecht ersetzt wird, das dem Starken bei der Wahl seiner Mittel keine Beschränkungen auferlegt, dann wird eines der Grundprinzipien des Völkerrechts in Frage gestellt: das Prinzip der Unverletzlichkeit staatlicher Souveränität“, so Putin wörtlich. Im russischen Parlament wurden gar Forderungen laut, eine Sondersitzung der UN-Vollversammlung zu initiieren, auf der die „Aggression der USA und ihrer Verbündeten gegen Irak" erörtert werden solle.

Jacques Chirac ging in seiner Rede auch auf die Folgen der jüngsten Entwicklung für die Europäische Union ein. Die EU müsse sich bewusst werden, dass eine gemeinsame Außenpolitik und eine glaubwürdige gemeinsame Verteidigung" notwendig seien. Frankreich werde sich „nicht damit abfinden, dass Europa unvollendet bleibt". Chirac forderte die europäischen Partner auf, sich gemeinsam mit Frankreich „für Frieden und Wohlstand" einzusetzen. Die internationale Gemeinschaft rief Chirac auf, sich nach den Zerreißproben der jüngsten Vergangenheit „wieder zusammenzufinden, um im Irak und anderswo den Frieden wieder aufzubauen". In diesem Zusammenhang warnte er vor einer humanitären Katastrophe und forderte eine zentrale Rolle der UN beim Wiederaufbau des Irak.

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