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Politik: Hoffnung auf Knopfdruck

ZUM START DER CEBIT

Von Kurt Sagatz

Es ist eine Steilvorlage für den Bundeskanzler. Wenn Gerhard Schröder heute Abend die Computermesse Cebit mit dem obligatorischen Festakt eröffnet, könnte er auf Gemeinsamkeiten zwischen den Hoffnungen der ITBranche und denen seiner Politik hinweisen. Die Zahlen sind nicht gerade berauschend, die Stimmung ist gemischt, dennoch soll es wieder aufwärts gehen. Die Deutsche Telekom hat gerade das größte Minus ihrer Geschichte verbucht – 25 Milliarden Euro Verlust. Die Analysten sehen aber Zeichen der Besserung. Ähnlich bei der Cebit: Über zehn Prozent weniger Aussteller werden in Hannover erwartet, trotzdem sehen viele Firmen die Lage nicht mehr schwarz. So schön können Erwartungen sein.

Sicher ist: Niemand kann voraussagen, wie die diesjährige Cebit verlaufen wird. Die drohende Eskalation im Irak hängt wie ein Schatten über der Messe. Aber in den Ausstellerlisten finden sich kaum weniger ausländische Unternehmen als im letzten Jahr. Ob ausländische Besucher wegen der Kriegsgefahr auf einen Messebesuch verzichtet haben, werden die Veranstalter erst am letzten Tag wissen.

Die Branche ist bekannt für ihren Hang zum Optimismus. Aber ist das der einzige Grund dafür, dass auch bei dieser Cebit wieder einmal der positive Blick in die Zukunft vorherrscht – trotz gigantischer Verluste bei der Telekom und rückläufiger Ausstellerzahlen? Oder ist es der Mut der Verzweiflung: Schlimmer kann es nach dem Absturz der New Economy an der Börse und dem Ende der IT-Begeisterung eh nicht mehr kommen, die Fehlbewertungen sind aus den Bilanzen getilgt, die nicht mehr überlebensfähigen Angebote von der Messe verbannt?

Für die Hoffnung, dass es nur noch besser werden kann, gibt es mehr Anlass als nur den Galgenhumor von Aktionären, die ein Vermögen durch den Absturz der Hightech-Werte verloren haben. Für einen gewissen Optimismus spricht, dass die Zeichen wieder auf Wachstum stehen. Weltweit wird für die Informations- und Telekommunikationsbranche 2003 mit einem Zuwachs von über vier Prozent gerechnet, für 2004 wird sogar ein Plus von fast sechs Prozent prognostiziert.

Allerdings liegen die großen Wachstumsregionen in Asien. Dort wird investiert, dort wird auch verstärkt produziert. Zwar rechnet man auch für Amerika und Westeuropa mit einem Anziehen der IT-Konjunktur, jedoch in erheblich geringerem Maße. Und blickt man auf Deutschland, so wird der Optimismus nochmals ein Stück kleiner. Wer setzt schon auf Expansion, wenn die Wirtschaft insgesamt kaum mehr als Stagnation erwarten darf. Wenn überhaupt, dann geht es hier um Konsolidierung. Geld wird nur ausgegeben, um die Kosten für die firmeneigene IT-Infrastruktur zu senken. Warum zehn alte Server betreiben, wenn ein moderner auch ausreicht, heißt die Devise. Oder man lagert den ungeliebten Kostenblock ganz aus. Gehen die Investitionen noch weiter zurück, steht freilich irgendwann die Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft in Frage. Eine Neubewertung der Hightech-Aktien ist somit nicht angebracht. Die Börse lebt zwar von Erwartungen, es gibt jedoch wenig Anzeichen dafür, dass diese Branche grundlegend positiver beurteilt wird.

Die Cebit-Aussteller lassen sich davon jedoch nicht entmutigen. Immerhin interessieren sich die Verbraucher für neue digitale Geräte. Inzwischen werden mehr DVD-Player als Videorekorder gekauft. Gleiches gilt für die digitale Fotografie: Eine Milliarde Fotos wurden bereits mit einem Chip aufgenommen und nicht mehr auf Film. Es werden sogar mehr digitale Fotoapparate verkauft als Kleinbildkameras. Nicht zu vergessen das Internet: In zwei von drei Haushalten findet sich heutzutage ein Computer mit Anschluss ans World Wide Web. Bei Familien mit Kindern sind es sogar 90 Prozent.

Die Cebit greift diese Entwicklung auf. Anders als in den Vorjahren wird der digitalen Unterhaltungselektronik ein eigener Bereich gewidmet. Der Endkunde, lange Zeit nicht umworben, sondern nur als lästige Begleiterscheinung geduldet, wird in diesem Jahr mit attraktiven Neuheiten gleich in Halle 1 begrüßt. Hannover möchte aus der Krise der Vorjahre eine Chance machen. Man muss ja nicht gleich in Euphorie verfallen.

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