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Politik: Hoffnung aus dem Landratsamt

Mecklenburg-Vorpommerns Christdemokraten wählen Jürgen Seidel zum neuen Vorsitzenden

Im Kielwasser von Angela Merkel will auch ihr politischer Heimatverband zu neuen Ufern aufbrechen. Die Christdemokraten im Nordosten nominierten am Samstag nicht nur Merkel zu Mecklenburg-Vorpommerns CDU-Spitzenkandidatin für die geplante Bundestagswahl. Sie kürten auch Jürgen Seidel zum Landesvorsitzenden und zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2006 und damit zu ihrem neuen Hoffnungsträger.

Der 57 Jahre alte Landrat des Müritzkreises, der als bodenständig, konsensorientiert und pragmatisch gilt, löste als Landesparteichef den umstrittenen Eckhardt Rehberg ab, der in verschiedenen Funktionen seit 15 Jahren de facto die Partei beherrschte. Seit Rehbergs Niederlage gegen SPD-Regierungschef Harald Ringstorff bei der Landtagswahl 2002 war die CDU zerstritten und politisch gelähmt. Zudem galt eine große Koalition mit Rehberg an der CDU-Spitze wegen zahlreicher persönlicher Animositäten auf beiden Seiten als ausgeschlossen. Andere aussichtsreiche Bündnispartner sind in Mecklenburg-Vorpommern, wo Grüne und FDP marginale Rollen spielen, für die CDU aber derzeit kaum in Sicht. Rehberg will nun als Rostocker CDU-Direktkandidat im September in den Bundestag wechseln. Falls dies nicht gelingt, bleibt er Landtagsfraktionschef in Schwerin.

Da sich freiwillig niemand als Nachfolger Rehbergs bewerben mochte, hatte die Partei im vergangenen Herbst eine „Findungskommission“ einsetzen müssen. Seidel für die Spitzenämter zu begeistern, ist ihr nicht leicht gefallen. Denn der bekannte am Samstag noch einmal, dass er sich 2002 einen Traum verwirklichte, als er sich zum – inzwischen „außerordentlich stolzen“ – Landrat wählen ließ. Aber auch 1994 sei er „furchtbar überrascht“ gewesen, als Berndt Seite ihn erst zum Bau- und später zum Wirtschaftsminister der Schweriner CDU/SPD-Regierung berief. Und schließlich solle man niemals nie sagen.

„Es wäre eine einmalige Möglichkeit für Mecklenburg-Vorpommern, wenn Angela Merkel Kanzlerin wird und ich die Gelegenheit bekäme, in Schwerin Ministerpräsident zu sein“, schwärmte Seidel vor den Delegierten des CDU-Landesparteitags in Güstrow. Er habe Merkels Nummer fest in sein Handy eingespeichert, verriet er später. Denn in der Politik sei vieles nun einmal einfacher, wenn „man sich kennt“ und die Chemie stimmt. Und dass der Nordosten der Republik weiter auf Hilfen des Bundes angewiesen sein wird, darüber macht sich auch Seidel keine Illusionen. Das Land brauche „mehr Gemeinsamkeit“ und „eine andere Stimmung“, sagt Seidel. Ob die SPD gegen ihn mit Ministerpräsident Harald Ringstorff oder ihrem Landesvorsitzenden Till Backhaus an der Spitze antritt, „ist mir wurscht“, so der CDU-Spitzenkandidat. Auf alle Fälle will er die CDU wieder zur stärksten politischen Kraft in Mecklenburg-Vorpommern machen. 2002 lag sie neun Prozent hinter der SPD. Seidel weiß natürlich auch, dass ein Jahr nach einem möglichen Wahlerfolg in Berlin die CDU-Erfolgswelle für einen Sieg in Schwerin längst an Kraft verloren haben könnte.

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