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Der französische Präsident Francois Hollande konnte sich am Dienstag in Paris auch bei der Generalversammlung der UNESCO der Solidarität der Staaten versichern.

© Yoan Valat/dpa

Hollandes Appell nach den Anschlägen in Paris: Alles in unserer Kraft

François Hollande bittet alle Europäer um Beistand - und das sollte nicht nur militärisch verstanden werden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Gerd Appenzeller

Die Mordanschläge islamistischer Terroristen am Freitagabend in Paris haben die Menschen in unserem Nachbarland diesmal noch mehr getroffen als die Brutalität der Attacke auf die Redaktion von „Charlie Hebdo“ zum Beginn des Jahres. Denn schlagartig ist deutlich geworden: Es geht jeden an, gleich, ob er sich politisch oder journalistisch mit dem radikalen Islam auseinandersetzt, oder ob er fernab aller religiösen und politischen Debatten und Zuspitzungen lebt. Und so ist es auch Ausdruck dieser fundamentalen Erschütterung eines ganzen Volks, wenn sich Staatschef François Hollande bei seiner Bitte um die Hilfe der Europäer nicht auf den Artikel fünf des Nato-Vertrags stützt, sondern auf Artikel 42 des Europäischen Vertrags. In dessen Absatz sieben wird allen Mitgliedstaaten der EU abverlangt, im Falle des Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines Mitglieds „schuldeten“ sie diesem „alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung“.

Die fundamentale Erschütterung soll umfassender Beistand lindern

Das klingt nach mehr als Beistand durch bewaffnete Kräfte anderer europäischer Staaten. Um den hat Frankreich zwar ausdrücklich auch gebeten. Aber während Artikel fünf des Nato-Vertrags diese militärische Komponente deutlich heraushebt, geht es im EU-Vertrag um eine größere Dimension. Sicher wird Deutschland seine jetzt schon in Mali – zusammen mit Frankreich – gegen islamistische Terroristen aktive Bundeswehreinheit deutlich verstärken, um die französische Armee zu entlasten. Die Bundeswehr wird auch die Hilfe für die kurdischen Peschmerga in Syrien ausbauen; alles Selbstverständlichkeiten angesichts der globalen Herausforderung durch den „Islamischen Staat“. Der sich so nennt, obwohl es eben nicht um den Islam geht, sondern um den Islamismus. Und der basiert auf der Wahnvorstellung, Muslime und Christen könnten, ja dürften grundsätzlich niemals friedlich zusammenleben.

Nein, Hollande will mit dem Appell an die übrigen Europäer den Franzosen über das Schutzversprechen durch die überall präsenten Soldaten hinaus die Gewissheit vermitteln, dass sein Land in diesen schweren Stunden nicht allein steht. Die beschwörende Zusage hinter dem Satz „Nous sommes Paris!“, der auch auf der Titelseite dieser Zeitung stand, soll Vertrauen geben, die Versicherung, von mitfühlenden und mitleidenden Menschen umgeben zu sein. Hollande fordert von uns Humanität ein, und nichts anderes als „Nous sommes Paris“ erbittet der Präsident, wenn er unter Bezug auf den Artikel 42 des EU-Vertrags die Solidarität aller beansprucht.

Der totalen Verneinung aller Freiheiten muss moralische Stärke folgen

Eine Forderung, die umso berechtigter ist, menschlich und sachlich, als der durch die Terrororganisation IS verkörperte globale Macht- und Alleinherrschaftsanspruch uns ja alle trifft. Im Stade de France, in das zwei der Attentäter eindringen wollten, spielte eine französische gegen eine deutsche Mannschaft. Im Publikum waren tausende deutscher Zuschauer. Unter den Opfern in den Restaurants und den Zuhörern des Rockkonzerts befinden sich Menschen aus aller Welt. Aus diesem Erkennen der momentanen Schwäche gegenüber einem so heimtückischen Angriff erwächst aber eben auch die Selbstverpflichtung und die moralische Stärke, der totalen Verneinung aller Freiheiten entgegentreten zu können und alles in unserer Macht Stehende zu tun, dass die Kräfte des Dunkeln unterliegen werden.

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