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Politik: Holter hört die Signale

Die PDS in Mecklenburg-Vorpommern verspricht der Basis mehr außerparlamentarischen Protest – und Rot-Rot kann weiterregieren

Mehrere Prisen „Gebrauchswert“ und ein paar Löffel „außerparlamentarischer Protest“ – am Ende hat es auch bei der PDS in Mecklenburg-Vorpommern zu einem deutlichen Bekenntnis zur weiteren Zusammenarbeit mit der SPD in Schwerin gereicht. Nach siebenstündiger Debatte stimmten am Samstag die Delegierten des Sonderparteitages in Göhren-Lebbin bei nur drei Gegenstimmen für die Fortsetzung der 1998 begonnenen Koalition. Die Sozialdemokraten machten in Rostock-Warnemünde unterdessen kaum Federlesen. Schon vor dem Mittagessen hatten die SPD-Genossen dem Koalitionsvertrag bei zwei Gegenstimmen abgesegnet.

Mit basisdemokratischen Impetus bestimmte die PDS, dass der umstrittene Helmut Holter Arbeitsminister bleiben darf. Ob verschiedener Affären während der ersten vier Amtsjahre war der einstige Wegbereiter der rot-roten Koalition nach der Landtagswahlschlappe vom September unter Beschuss geraten. Der Landesvorstand wollte ihn nicht erneut vorschlagen. Die geheime Kampfabstimmung gegen den ehemaligen PDS-Bundestagsabgeordneten Uwe-Jens Rössel aus Sachsen-Anhalt gewann Holter allerdings klar mit 63 zu 29 Stimmen. Zuvor hatte Holter Fehler eingeräumt, vor der Entschlossenheit „unserer Gegner“ gewarnt und Protest gegen Sozialabbau auch auf der Straße angemahnt. An die Spitze der Bewegung wolle er sich gar stellen. Holter: „Auch ein Minister ist Teil der außerparlamentarischen Bewegung.“ Dennoch wolle er sich auch im Amt gegen „Sozialabbau“ einsetzen.

Sozialministerin Martina Bunge, der Führungsschwäche vorgeworfen worden war, fand bei der Mehrheit des Parteitages keine Gnade. Mit 60 zu 35 Stimmen nominierte der Parteitag die Agrarwissenschaftlerin Marianne Linke für dieses Amt. Linke leitet derzeit das Staatliche Amt für Umwelt und Natur im südmecklenburgischen Lübz. Nur Umweltminister Wolfgang Methling wurde unangefochten von den Delegierten für eine zweite Amtszeit bestätigt. Er soll auch stellvertretender Ministerpr"sident werden.

Nachdem beim Geraer PDS-Bundesparteitag Mitte Oktober die Orthodoxen in der Partei Oberhand gewonnen zu haben schienen, hatten die unterlegenen Reformer einen „Kontrapunkt“ zu Gera von der Nordost-PDS verlangt. In Göhren-Lebbin aber schlug sich selbst die Bundesvorsitzende Gabi Zimmer auf die Seite der Regierungswilligen. Die ausgehandelte Koalitionsvereinbarung sei eine „solide Grundlage“, um die Zusammenarbeit mit der SPD fortzusetzen, so Zimmer, und eine Möglichkeit zur „gestaltenden Opposition“, die sich die PDS-Mehrheit in Gera als künftige Rolle auf die Fahnen geschrieben hatte. Natürlich sei für Sozialisten das Mitregieren im Kapitalismus „kein Selbstzweck“, die PDS müsse und könne ihren „Gebrauchswert“ im Kapitalismus beweisen. Prinzipielle Mitmach-Kritiker spielten auf dem PDS-Parteitag nur eine Nebenrolle.

Aber auch der SPD-Landesvorsitzende, Ministerpräsident Harald Ringstorff, reklamierte in Rostock für sich, dass die Koalitionsvereinbarung eine „deutliche sozialdemokratische Handschrift“ trage. „Und das ist auch richtig so“, fügte er hinzu. In den Koalitionsvereinbarung haben sich SPD und PDS als oberstes Ziel die Verminderung der Arbeitlosigkeit vorgenommen. Ringstorff kündigte an, den Rektor der Greifswalder Universität, Hans-Robert Metelmann (parteilos), zum Nachfolger von Bildungsminister Peter Kauffold zu berufen. Die anderen fünf SPD-Minister werden ihre Ressorts weiterführen.

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