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Politik: Homo-Ehe: Der Streit über das Gesetz zur Aufwertung homosexueller Partnerschaften geht bei der Bundestagsdebatte quer durch die Fraktionen

"Wenn das vor dem Verfassungsgericht scheitert, ist das Thema für zehn Jahre erledigt." FDP-Generalssekretär Guido Westerwelle hat Bedenken, weil er für die Sache ist.

"Wenn das vor dem Verfassungsgericht scheitert, ist das Thema für zehn Jahre erledigt." FDP-Generalssekretär Guido Westerwelle hat Bedenken, weil er für die Sache ist. Seit einem Jahr liegt ein FDP-Entwurf vor, der den homosexuellen Partnerschaften neue Rechte einräumen will.

Westerwelle begrüßt deshalb ausdrücklich die Diskussion um den rot-grünen Gesetzentwurf, der am letzten Sitzungstag des Bundestags in erster Lesung beraten wird. Aber er fürchtet, dass der rot-grüne Entwurf nicht "verfassungsfest" ist und mahnt die Regierungsfraktionen, "Schily nicht zu gering zu nehmen". Der "Verfassungsminister" habe Bedenken vorgebracht, sagt Westerwelle, und das müsse "verdammt ernst genommen" werden.

Justizministerin Herta Däubler-Gmelin, SPD, kennt die Einlassungen ihres Kabinettskollegen gut, die er in einem Tagesspiegel-Interview auch öffentlich vorgebracht hat. Westerwelle habe "Schily zu seinem Nutzen interpretiert", wehrt sie ab, obwohl sie sich ihrerseits über Schily geärgert hat. Allerdings räumt sie ein: "Ich nehme auch an, dass Karlsruhe hier gefragt wird."

Norbert Geis, CSU, muss Karlsruhe nicht fragen. Für ihn ist dieser Entwurf verfassungswidrig. "Zum ersten Mal wird die herausragende Stellung von Ehe und Familie in Frage gestellt." Seine Rede veranlasst Hildebrecht Braun, FDP, zu der Zwischenfrage, ob die jüngsten Signale, eines aus der Unions-Bundestagsfraktion, das zweite aus der CSU, über die Rechte der homosexuellen Beziehungen neu nachzudenken, nun doch nichts zu bedeuten hätten. Bei diesem Gesetz, legt Geis sich fest, werde die Fraktion einmütig Nein sagen. Seine Fraktionskollegin Ilse Falk, CDU, gibt allein durch ihren Sprachgebrauch zu erkennen, dass die Verhältnisse in der Union doch differenzierter sind. Bei ihr gibt es "Lesben" und "Schwule".

Mit seiner Kritik an der Nähe der Eingetragenen Partnerschaft zu Ehe und Familie hat Geis allerdings die zentrale Frage der Debatte gestellt. SPD und Grüne bestreiten, dass der besondere Schutz, den Artikel 6 des Grundgesetzes Ehe und Familie garantiert, berührt sei. Das könne nur behaupten, sagt die kämpferische Sozialdemokratin Margot von Renesse, wer "von einem tiefen Defätismus gegenüber der Ehe" erfüllt sei.

"Nirgendwo ist die Ehe tangiert worden, nirgendwo ist das Abendland untergegangen", sagt Volker Beck. Der grüne Abgeordnete sieht einen "fairen Mix von Rechten und Pflichten". Er hält die Bedenken gegen eine standesamtliche Eintragung der Partnerschaften für überzogen: "Das Standesamt ist eine Behörde und nicht der Traualtar." Beck, der Hauptinitiator dieses Gesetzeswerks, stellt das Vorhaben in den großen Bogen der Verfolgung und Diskriminierung. "Auch wegen der schrecklichen Geschichte der Homosexuellen in Deutschland ist dieses Haus den Schwulen und Lesben etwas schuldig." Beck ist zuversichtlich, dass das Gesetz verabschiedet wird.

Vor einer möglichen Verfassungsklage muss es jedoch den Bundesrat passieren. Zumindest in der SPD-Fraktion sieht man nüchtern, dass dessen Zustimmung sehr in Frage steht. Kopfschütteln bei der SPD, dass ausgerechnet der "Verfassungsminister" Schily die Verfassungsmäßigkeit bezweifelt. So weist SPD-Fraktionschef Peter Struck empört von sich, dass er ein verfassungswidriges Gesetz einbringen könnte.

Die Grünen sind hell empört: Die Fraktionschefs Rezzo Schlauch und Kerstin Müller erwarten eine Klärung durch den Bundeskanzler, wenn am kommenden Mittwoch der Koalitionsausschuss zusammenkommt. Bereits in der Kabinettssitzung am vergangenen Mittwoch hat Schröder das Thema angesprochen. Sein Tenor: Das sei jetzt ein Entwurf der Koalition. In der Fraktion heißt es dagegen, Schröder erwarte, dass es keine Hängepartie gebe. Das Thema müsse in deutlichem Abstand vor den Landtagswahlen im Frühjahr in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz erledigt sein. Ein Abgeordneter: "Wir wissen ziemlich genau, dass die Sache im Bundesrat scheitert."

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