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Hongkong: Das Gewissen Chinas

20. Jahrestag des Massakers in Peking: Nur Hongkong gedenkt der Tiananmen-Toten.

Berlin - Die Hobby-Fußballer im Victoria Park auf Hongkong Island müssen an diesem Donnerstag eine Pause einlegen. Zehntausende werden heute Abend auf ihren Fußballplätzen sitzen, Kerzen anzünden und Trauerlieder singen. In ihrer Mitte wird die Göttin der Demokratie stehen, doch eigentlich ist sie nur eine Nachbildung. Das Original stand fünf Tage lang auf dem Tiananmen-Platz in Peking, war von Kunststudenten geformt worden – und ist am Morgen des 4. Juni 1989 von einem Panzer überrollt worden.

Heute jährt sich die brutale Niederschlagung der chinesischen Demokratiebewegung in Peking zum 20. Mal, doch nur in Hongkong können Chinesen innerhalb ihres Heimatlandes diesen traurigen Jahrestag begehen. In Festlandchina ist das Massaker in den Nebenstraßen des Tiananmen-Platzes ein Tabuthema. Dort versuchen die Sicherheitskräfte mit aller Macht, Gedenkveranstaltungen oder Demonstrationen am heutigen Tag zu verhindern. Dissidenten wurden angewiesen, Peking zu verlassen oder zu Hause zu bleiben. Die Internetzensur ist intensiviert. Chinesen, die an die Toten vom 4. Juni 1989 erinnern wollen, müssen nach Hongkong reisen. Die Sonderverwaltungszone ist nach dem Prinzip „ein Land, zwei Systeme“ mit China politisch verbunden.

Bereits seit einigen Wochen gedenken vor allem die Demokraten in Hongkong des Tiananmen-Massakers. Seit zwei Tagen sind Hongkonger Studenten in einen Hungerstreik getreten, um an jene Studenten zu erinnern, die dies vor 20 Jahren auf dem Tiananmenplatz auch getan hatten. In den letzten Jahren sind zur zentralen Gedenkveranstaltung im Victoria Park nach Angaben des Veranstalters „Hongkong Alliance in Support of Patriotic Democratic Movements of China“ jeweils rund 50 000 Menschen gekommen. „Darunter sind in den letzten Jahren mehr Menschen aus Festlandchina“, sagt der „Alliance“-Vizevorsitzende Lee Cheuk-yan, „wir können das an den Spenden erkennen.“ In den Sammeltöpfen fänden sich mehr chinesische Renmenbi.

Doch auch in Hongkong ist der Einfluss Pekings groß. Am Mittwoch wurde einem der Anführer der Demokratiebewegung von 1989, Xiang Xiaoji, die Einreise verweigert. Der in den Vereinigten Staaten lebende Dissident hatte an der Mahnwache und Diskussionsveranstaltungen teilnehmen wollen. Auch der dänische Bildhauer Jens Galschiot wurde am Flughafen erneut abgewiesen. Er hat die „Säule der Schande“ kreiert, die in Hongkong an das Massaker erinnert. Bereits im letzten Jahr hatte der Däne vor dem Olympia-Fackellauf durch Hongkong nicht einreisen dürfen.

Viele Menschen, die heute in Hongkong demonstrieren, treten auch für eine Aufarbeitung und Neubewertung der Ereignisse durch die chinesische Regierung ein. Lee Cheuk-yan sagt: „Hongkong ist das Gewissen Chinas.“

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