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Politik: „Ich bin nicht unfehlbar“

Blair schwört Labour auf Einigkeit ein – und gibt Fehler in der Irak-Politik zu. Die Partei streitet weiter

Nachdenklich, zurückhaltend, aber in der Sache unnachgiebig hat Großbritanniens Labourchef Tony Blair am Dienstag auf dem Labourparteitag in Brighton seine Irakpolitik verteidigt – und versucht, die Partei für den historischen Kampf um eine neue Amtszeit zu mobilisieren. Eine Chance, wie Blair sagte, die Labour sich in der Vergangenheit nie habe träumen lassen. In der mit Spannung erwarteten Kernpassage seiner Rede gab er Fehler in der Irakpolitik zu und entschuldigte sich für die falschen Informationen über Massenvernichtungswaffen. Doch dafür, dass Saddam Hussein gestürzt worden sei, könne er sich ehrlicherweise nicht entschuldigen. „Die Welt ist besser mit Saddam im Gefängnis.“ Vor dem Parteitagsgebäude hatten sich Tausende von Demonstranten gegen Labours Verbot der Fuchsjagd versammelt. Im Saal wurde Blair zwei mal von Störern unterbrochen, zum erstenmal nach zwei Minuten, als er Angehörigen der zwei am Dienstag im Irak gefallenen irakischen Soldaten und der britischen Geisel Kenneth Bigley sein Mitgefühl ausgesprochen hatte. „Du hast Blut an den Händen“, rief ein Mann. Blair antwortete: „Machen Sie ihren Protest, Sir. Gott sei Dank leben wir in einer Demokratie und sie dürfen das.“

Er sei nicht unfehlbar, sagte Blair, handele aber nur in aufrichtiger Sorge um Großbritanniens zukünftige Sicherheit. Blair sieht diese durch den globalen Terrorismus gefährdet, den er als „Verdrehung der friedliebenden islamischen Religion“ beschrieb. Der Terrorismus sei „in den Koranschulen von Pakistan, den Trainingslagern der Al Qaida, im Kessel von Tschetschenien“ ebenso zu Hause wie in Moscheen in europäischen Hauptstädten.

Von der Haltung der USA setzte sich Blair ab, indem er den Kampf gegen den Terrorismus als „progressive Politik“ beschrieb. Militärische Aktion bleibe sinnlos, solange nicht die Bedingungen geändert würden, in denen der Terrorismus entstehe. Deshalb sei es richtig, Demokratie in den Irak und nach Afghanistan zu bringen. „Dann werden die Menschen sehen, dass es hier nicht um einen neuen Religionskrieg geht, sondern um den ältesten Kampf, den die Menschheit kennt. Zwischen Freiheit und Unterdrückung, Toleranz und Hass, Terror und Gesetz.“

Ob die wegen des Kriegs tief verstimmte Partei damit versöhnt ist? Mit einem Zehn-Punkte Programm für eine dritte Amtszeit versprach Blair, Großbritannien im 21. Jahrhundert „unumkehrbar" zu verändern. Gewerkschaftsführer sprachen vorsichtig von einer „guten Grundlage“ für den Wahlkampf. Aber ein schlechtes Ergebnis bei der Nachwahl in EU-Kommissar Peter Mandelsons ehemaligem Wahlkreis Hartlepool könnte Blair schon am Donnerstag einen schweren Dämpfer versetzen.

Noch ungewisser ist, ob Blair den innerparteilichen Programmstreit zwischen seinem Schatzkanzler Gordon Brown und seinem neu ernannten Wahlkampforganisator Alan Milburn schlichten kann. Blair bezeichnete Brown demonstrativ als „Freund seit 20 Jahren und bester Schatzkanzler, den Großbritannien je hatte“. In der Sache hielt er es aber mit Milburn.

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