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Politik: „Ich brauche Geld, ganz einfach“

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Böhmer über Steuern, Pleiten und den Irak-Kurs der CDU

CDUChefin Angela Merkel hat sich nach Beginn des Irak-Krieges klar an die Seite der USA gestellt. Fällt es Ihnen schwer, diese Position der Basis zu vermitteln?

Es gibt in der CDU zu diesem Thema eine breite Palette von Meinungen. Mir kommt es darauf an, dass die Partei an dieser Frage nicht auseinander bricht. Jeder muss so formulieren, dass sich die anderen am Ende noch in der gleichen Partei wiederfinden können. Es war ungerecht, Frau Merkel Einseitigkeit vorzuwerfen. Auch sie hat die USA vor künftigen Alleingängen gewarnt. Die Partei weiß, dass Angela Merkel sehr wohl differenzieren kann.

Aber gerade in Ostdeutschland sind die Zweifel am Krieg besonders groß.

Auch die Ostdeutschen sind keine homogene Masse, auch da gibt es Unterschiede. Richtig ist: Vorbeugende Ergebenheitsadressen einer Weltmacht gegenüber gehen den Menschen in den neuen Ländern möglicherweise schwerer über die Lippen als anderen, weil sie da ein paar Erinnerungen haben.

Dann hat Angela Merkel etwas aus ihrer eigenen Biographie verdrängt.

Sie dürfen sicher sein, dass wir untereinander diese Probleme angesprochen haben.

Merkel hätte also mehr auf die Kriegsgegner hören müssen?

Ich lasse mich da nicht in eine Ecke treiben. Jeder zieht eigene Schlussfolgerungen. Die einen sagen, sie wollen nie wieder Ergebenheitsadressen. Andere meinen, wir müssen uns zu denen bekennen, denen wir unsere eigene Freiheit verdanken. Das Bekenntnis zur transatlantischen Partnerschaft ist ja auch ein Bekenntnis zu einer Macht, von der wir alle wissen, dass sie stärker ist.

Nimmt das rasche Kriegsende den Kritikern den Wind aus den Segeln?

Der Krieg wird militärisch beendet sein. Was danach kommt, wird wohl schwieriger werden als die militärische Auseinandersetzung. Selbst Afghanistan ist ja noch nicht befriedet. Im Irak könnte sich das auch hinziehen.

Sollte sich Deutschland am Wiederaufbau im Irak beteiligen?

Wenn es denn soweit ist. Wir haben Hilfe von anderen erfahren, sind also moralisch verpflichtet, da zu helfen, wo wir können. Wir sollten aber auch nicht so tun, als ob wir ein Monopol darauf haben, als ob wir in der ersten Reihe stehen müssten. Wenn die Vereinten Nationen Aufgaben übernehmen, sollten wir mittun.

Ein anderes Thema: Sollte der nächste Bundespräsident aus Ostdeutschland kommen?

Mir ist das relativ egal. Ich könnte gut damit leben, das ist klar. Aber es gibt auch in Westdeutschland genug Damen und Herren, die würdig sind, eine solche Funktion gesamtdeutsch wahrzunehmen.

Wolfgang Schäuble, der Architekt der Einheit?

Für mich wäre das ein guter Vorschlag.

Kommen wir zum Sparen. Sie haben die Fortsetzung Ihres harten Sparkurses angekündigt.

Ich hatte ja bis jetzt daheim in Magdeburg kaum Anlass, freundliche Botschaften zu verkünden. Wir alle haben jetzt ein wenig Sorgen vor der nächsten Steuerschätzung. Immer wieder wurden in den letzten Jahren Schätzungen aus dem Frühjahr später nach unten korrigiert. Wenn die Mai-Schätzung wieder schlechter ausfällt, weiß ich beim besten Willen nicht mehr, wie es weitergeht.

Sachsen-Anhalt ist also pleite?

Bundesländer können ja formal gar nicht Pleite gehen .

Und Steuersenkungen?

Volkswirtschaftliche Grundsatzdebatten helfen nicht. Damit stelle ich keinen Etat auf. Ich brauche Geld, ganz einfach.

Könnte Ihnen denn eine Länderneugliederung helfen?

Ich habe noch nicht gehört, dass Leute durch Aufteilung von Schulden reicher geworden wären. Wenn man Milliardendefizite dadurch glaubt decken zu können, dass man 20, 30 oder 40 Millionen Euro an Verwaltungskosten einspart, ist das schon sehr vordergründig. Die vielleicht möglichen Einsparungen etwa durch Zusammenlegung von Länderparlamenten wären Peanuts im Vergleich zu unserem Schuldenberg.

Das Gespräch führten Gerd Appenzeller, Stephan-Andreas Casdorff, Matthias Meisner und Ingrid Müller.

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