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Politik: „Ich glaube nicht, dass es leichter wird“

Russlands scheidender Präsident Putin über seinen Nachfolger / Merkel ist seine erste Besucherin

Blumen gibt es für die Kanzlerin. Zum Internationalen Frauentag. Und warme Worte für sie persönlich: Merkel sei die erste der großen Führer, die den künftigen russischen Präsidenten Dmitri Medwedew nach seinem Wahlsieg am 2. März treffe, sagte der noch amtierende Wladimir Putin am Samstag in Moskau und will das durchaus als Anerkennung verstehen. „Ich danke Frau Merkel, dass sie unsere Einladung angenommen hat.“

Die so freundschaftlich begrüßte Kanzlerin erwidert: „Ich denke, dass es eine gute Zusammenarbeit auch mit dem neuen Präsidenten geben wird.“ Merkel zieht trotz aller Meinungsverschiedenheiten eine positive Bilanz der gemeinsamen Arbeit in den zurückliegenden zweieinhalb Jahren. Das sieht Putin nicht anders: „Ich denke, wir haben allen Grund, mit unserer Arbeit zufrieden zu sein.“

Dem designierten Präsidenten stünden in Deutschland „natürlich alle Türen offen“, sagt Merkel, um gleich anzufügen: „Wir wollen Kooperation, pflegen aber auch den offenen und kritischen Dialog.“ Dem sieht Putin entspannt entgegen, weiß er doch selbst am besten, wofür sein Nachfolger Medwedew steht. Für eine gravierende Kursänderung in der russischen Außenpolitik zumindest nicht. So betonte Putin, dass nach seinem Ausscheiden aus dem Präsidentenamt Medwedew die russische Außenpolitik zwar bestimmen wird. Und „frei sein zu beweisen, dass er liberale Ansichten hat“. Medwedew werde sich aber auch nicht weniger als, „im guten Sinn“, russischer Nationalist erweisen. „Ich glaube nicht, dass mit ihm die Partnerschaft einfacher werden wird.“ Denn Medwedew sei „ein echter Patriot, der die Interessen seines Landes aktiv wahrnehmen wird auf der internationalen Bühne“.

Als Merkel kurze Zeit später, zehn Kilometer vor Moskaus Stadtgrenzen, in Schloss Maiendorf auf Medwedew trifft, ist die Stimmung ähnlich gelöst. Von Merkel auf Putins Aussage angesprochen, es werde mit ihm sicherlich nicht leichter, sagte Medwedew: „Davon gehe ich aus.“ Und lächelt. „Ich habe mir verkniffen zu sagen, dass ich hoffe, dass es aber auch nicht schwerer wird“, sagt Merkel. Daraufhin muss Medwedew lachen. Er betont in und nach dem Treffen mit der Kanzlerin, Russland wisse sehr zu schätzen, dass Merkel ihm unmittelbar nach der Wahl einen Besuch abgestattet habe. „Ich hoffe, dass die freundschaftliche und kameradschaftliche Zusammenarbeit, die es zwischen Ihnen und Präsident Putin gegeben hat, fortgesetzt wird.“ Auch Merkel versichert dem neuen Präsidenten, sie habe den „ehrlichen Wunsch“ nach einer freundschaftlichen Kooperation.

Nach dem Treffen mit Putin hatte Merkel gesagt, sie habe in ihrer Amtszeit einen Weg gefunden, „auch kritische Fragen offen und ehrlich zu erörtern“. Die Diskussionen mit Putin seien „manchmal eine Freude, manchmal auch eine Herausforderung“ für sie gewesen, sagte sie.

Das ist auch bei diesem Besuch wieder so. Denn trotz aller demonstrierten Freundlichkeiten treten bei diesem Blitzbesuch der deutschen Kanzlerin in Russland die Streitthemen offen zutage: Kosovo und Nato-Erweiterung sind zwei davon. Putin kritisiert eine etwaige Nato-Erweiterung um die Ukraine und Georgien als „schädlich“. Außerdem wirft Putin dem Westen vor, die Vereinten Nationen durch die Nato ersetzen zu wollen. Merkel stellt Dissens bei der Unabhängigkeit des Kosovo fest. Putin wiederum warnt im Blick darauf und auf ganz Europa vor einem separatistischen „Präzedenzfall“.

Andererseits: Merkel unterstützt die Ostseepipline – ein Projekt von Putin und ihrem Vorgänger Gerhard Schröder – „absolut“. Putin hatte zuvor noch einmal dafür geworben und der beim Bau aufs Tempo drängenden Kanzlerin erklärt, man sei im Zeitplan.

Und dann sagt Putin noch etwas Überraschendes. Danach befragt, schließt er nicht aus, dass Medwedew als Präsident den früheren Öl-Milliardär Michail Chodorkowski begnadigen könnte. Der Westen würde einen solchen Schritt sehr begrüßen, sagt Merkel. Chodorkowski war 2005 wegen Betrugs und Steuerhinterziehung zu acht Jahren Haft in einem Lager in Sibirien verurteilt worden. Nun wird er auch noch wegen Geldwäsche angeklagt.

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