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Ilisu: Türkei sucht neues Geld für Staudamm

Nach dem Rückzug der westeuropäischen Kreditversicherer aus dem umstrittenen Staudammprojekt Ilisu im Südosten der Türkei läuft in Ankara die Suche nach neuen Geldquellen auf vollen Touren. Umweltminister: 800 Millionen Euro sind bereits gesichert.

Schon bald werde man ein neues Finanzierungskonzept über 1,2 Milliarden Euro präsentieren können, sagte Umweltminister Veysel Eroglu jetzt. Die Entschlossenheit der Türkei, das Projekt voranzutreiben, hängt auch mit den jüngsten Bemühungen um eine friedliche Lösung der Kurdenfrage zusammen: Ankara plant neue Investitionen im Kurdengebiet, um die Region zu befrieden, und ist deshalb weniger denn je bereit, Ilisu aufzugeben.

Nach langen Diskussionen hatten sich die staatlichen Kreditversicherer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz Anfang Juli aus dem Megaprojekt zurückgezogen, weil die Türkei die geforderten Auflagen - etwa für eine sozialverträgliche Umsiedling von mehreren zehntausend Menschen - nicht erfüllt hatte. Die Regierung in Ankara erklärte jedoch, den Staudammbau in Eigenregie weiter vorantreiben zu wollen. "Wir brauchen kein anderes Land für das Projekt", hatte Minister Eroglu bereits vor der europäischen Ausstiegsentscheidung gesagt. "Das machen wir selbst."

Bei diesen Bemühungen ist die Türkei offenbar schon weit gekommen. Eine Kreditsumme von 800 Millionen Euro sei bereits gesichert, sagte er. Über die verbleibenden 400 Millionen werde noch verhandelt. Ein Ministeriumssprecher in Ankara sagte unserer Zeitung am Dienstag, die Gespräche über das Thema seien noch nicht abgeschlossen. Offen ist, ob dieselben Firmen, die den Ilisu mit Hilfe der westeuropäischen Kredite bauen wollten, immer noch im Rennen sind.

In Ilisu am Tigris soll ein 135 hoher und zwei Kilometer langer Damm entstehen. Der geplante Stausee soll mit seinen 300 Quadratmetern viermal größer werden als der Chiemsee. Der Damm ist Teil des so genannten Südostanatolien-Projektes (GAP), eines geplanten Netzwerkes aus fast zwei Dutzend Staudämmen und Wasserkraftwerken, mit dem Ankara dem armen Südostanatolien wirtschaftlich auf die Beine helfen will. Dämme wie der bereits fertige, riesige Atatürk-Damm nordwestlich von Sanliurfa sollen Wasser für die Bewässerung der Felder der Umgebung sowie Strom für die Ansiedlung von Industriebetrieben bereitstellen.

Diese Ziele sind für die türkische Politik derzeit brandaktuell. Die Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan feilt an einem Programm aus kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Reformen, mit dem er den seit 1984 anhaltenden Kurdenkonflikt beilegen will. Die Ankurbelung der Wirtschaft in Südostanatolien und die Schaffung neuer Arbeitskräfte spielen dabei eine wichtige Rolle.

Ganz so schnell wie erhofft geht es für die türkische Regierung in Sachen Ilisu jedoch nicht voran. Erdogan wollte bereits Ende Juli den Grundstein für den neuen Standort der uralten Stadt Hasankeyf legen, die nach den Planungen im Stausee versinken wird. Nun teilten die Behörden mit, die Grundsteinlegung sei erst in den kommenden Monaten zu erwarten.

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