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Politik: Im Alter keine Ruhe

In der Union bahnt sich eine Debatte über die Zukunft der Rente an – Kürzungen nicht ausgeschlossen

Von Robert Birnbaum

Berlin – In der Union bahnt sich eine neue Debatte über die Zukunft der Renten an. Auslöser ist die akute Finanznot der Rentenkassen, die durch einen vorzeitigen Bundeszuschuss ausgeglichen werden muss. Aber die Diskussion hat grundsätzlicheren Charakter: Es geht um die Frage, wie viel der Rente noch von der Solidargemeinschaft aufgebracht werden kann und wie eine Zusatzvorsorge organisiert werden muss. Erste Stimmen aus der Union schließen für die Zukunft nicht einmal mehr Rentenkürzungen aus.

Dass eine zweite Säule nötig ist und immer nötiger wird, ist unbestritten. Immer mehr Alte stehen immer weniger Beschäftigten gegenüber, das bringt den Generationenpakt in Bedrängnis. Der CSU-Sozialpolitiker Horst Seehofer und sein Nachfolger als Sprecher der Union, Wolfgang Zöller (CSU), liebäugeln jetzt freilich mit der Idee einer privaten Pflichtversicherung – was die Kanzlerkandidatin Angela Merkel eher ablehnt. Geht es nach Merkel, sollen die Bürger zwar ebenfalls stärker privat für ihr Alter vorsorgen, aber freiwillig. Die Riester-Rente – genauer: eine um bestehende, von der Union seit langem als viel zu bürokratisch kritisierte Beschränkungen erleichterte Riester-Rente - müsse nicht zur Pflicht erhoben werden, sagte Merkel dem ARD-„Bericht aus Berlin“. Wenn die Union mit Hilfe einer höheren Mehrwertsteuer die Sozialbeiträge absenke, dann bleibe den Menschen ein Prozentpunkt mehr Lohn – und damit Spielraum für mehr eigene Vorsorge. „Und das ist ja genau das, was wir wollen.“

Seehofer, aber auch Zöller finden das zu wenig. Beide plädierten in Interviews am Wochenende dafür, zumindest für Bezieher niedriger Einkommen eine Pflicht zur Zusatzversicherung einzuführen. Fraktionsvize Zöller sagt voraus, die gesetzliche Rente werde mittelfristig nur noch eine Basisversorgung sein. „Wir müssen der jungen Generation sagen, dass die Rente für das Einkommen im Lebensalter nicht mehr die einzige Basis ist.“ Seehofer begründet sein Plädoyer in der „Welt am Sonntag“ mit einer Art Fürsorgepflicht: Gerade Menschen mit geringem Einkommen seien mit der „totalen Eigenfürsorge“ oft überfordert. Zu Deutsch: Es besteht die Gefahr, dass solche Menschen die Privatvorsorge vernachlässigen – und im Alter dann ohne ausreichende Absicherung dastehen. Darum müsse eine Pflicht zur privaten Altersvorsorge her – allerdings, schränkt auch Seehofer ein, erst, sobald den Steuerzahlern wieder genug Geld im Portemonnaie bleibe.

Der Sozialexperte Bert Rürup unterstützt diesen Gedankengang grundsätzlich – über ein „Obligatorium“, also eine Verpflichtung zur privaten Absicherung müsse man nachdenken. Rürup fordert aber zugleich, die Grenzen für die staatliche Förderung solcher Zusatzabsicherungen zu senken. Es könne kaum dabei bleiben, dass nur Geld vom Staat bekomme, wer langfristig vier Prozent seines Bruttoeinkommens in die Privatvorsorge stecke. Da sei mehr Rücksicht auf die Belastungsfähigkeit von Menschen mit niedrigen Einkommen notwendig. Rürup wiederholt auch seine Forderung nach Anhebung des Rentenalters auf 67 Jahre – was die Union in ihr Programm nicht aufgenommen hat, aber mittelfristig nicht ausschließt.

Gar nicht ins Unionsprogramm in Wahlkampfzeiten passt hingegen, was der CDU-Mittelstandspolitiker Hartmut Schauerte fordert: Sollte sich nicht bald eine Entspannung bei der Rentenkasse zeigen, müsse man über eine Kombination aus höheren Rentenbeiträgen und Rentenkürzungen reden. Merkel, nach solchen Konsequenzen aus der Einnahmenot der Rentenkasse gefragt, die ganz wesentlich durch die hohe Arbeitslosigkeit bedingt ist, will davon nichts hören: „Diese Konsequenz muss man nicht ziehen, wenn wir auf Wachstum setzen, wenn wir sagen: Wir wollen den Trend, dass wir dauerhaft Arbeitsplätze verlieren, stoppen.“

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