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Die französische Armee und die Friedenstruppe der Afrikanischen Union konnten das Morden in der Zentralafrikanischen Republik nicht beenden. Frankreich soll das Land verlassen, fordern diese Demonstranten.

© AFP

Im Blick: Deutschland sollte endlich eine eigene Afrikapolitik machen

Anstatt zweifelhafte französische Militäreinsätze auf dem Nachbarkontinent mit minimalem Engagement zu unterstützen, sollte Deutschland seine politischen Möglichkeiten ausschöpfen. Berlin könnte im Südsudan mehr erreichen als in der Zentralafrikanischen Republik.

Außenpolitik weiter denken. Unter diesem Slogan diskutiert Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) seit Jahresanfang mit Experten darüber, wie die deutsche Außenpolitik der Zukunft aussehen soll. Mehr Verantwortung – gemeint war damit wohl militärische Sichtbarkeit – war das Leitmotiv der Reden von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und Bundespräsident Joachim Gauck bei der Münchner Sicherheitskonferenz im Januar. Wenig später präsentierte die Bundesregierung ihre neue Afrikastrategie.

Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hat eine 100-Tage-Bilanz daraus gezogen, die ziemlich euphorisch ausfiel. Da war viel vom Chancenkontinent die Rede und der Notwendigkeit, ein neues Afrikabild zu entwerfen. Investitionen in die Landwirtschaft wurden angekündigt, und Müllers Reisen auf den Nachbarkontinent aufgezählt. Ein halbes Jahr später ist Deutschland in der Afrikapolitik seltsam abwesend. Leyen hat die „neue Verantwortung“ darauf beschränkt, Frankreich Unterstützung bei zwei durchaus umstrittenen Afrikaeinsätzen zu versprechen. Sie sagte Hilfe beim Einsatz gegen islamistische Milizen im Norden Malis zu. Und sie versprach Unterstützung beim Versuch, das Morden in der Zentralafrikanischen Republik (ZAR) zu beenden.

Deutschland hat einen guten Ruf in Afrika

Nun hat Deutschland in Afrika einen guten Stand. Die kurze, wenn auch überaus brutale Kolonialzeit, die Namibia und Tansania unter deutscher Herrschaft erleiden mussten, ist fast verziehen. In Kamerun, Togo und Ruanda wird die deutsche Herrschaft sogar leicht idealisiert. Dass die wichtigste europäische Exportnation keine Bergbauunternehmen hat, die sich in Afrika aufführen wie Könige, hilft dem Ruf Deutschlands, keine allzu ausgeprägten Eigeninteressen zu vertreten. In verschiedenen afrikanischen Konflikten haben deutsche Diplomaten geholfen, Gesprächsfäden wieder aufzunehmen und nach Kompromissen zu suchen. Deutschland gilt als „ehrlicher Mittler“.

Risikofaktor Frankreich

Deshalb verstehen afrikanische Intellektuelle nicht, warum sich Deutschland in Afrika ausgerechnet Frankreich an den Hals geworfen hat. Auf der Debattenseite des Auswärtigen Amts schreiben Adekeye Adebajo und Kudrat Virk vom Zentrum für Konfliktlösung in Kapstadt: „Deutschland sollte kritischer sein, wenn es an der Seite französischer Militäreinsätze in Afrika operiert.“ Frankreich hat einen miesen Ruf in Afrika. Der Vorwurf, es gehe Paris immer nur um die Interessen französischer Staatskonzerne wie der Atomfirma Areva werden immer erhoben. Die beiden Experten schreiben: „In Afrika herrscht eine weit verbreitete Ablehnung der französischen Präsenz, die von vielen als Versuch gesehen wird, diskreditierte und kostspielige Einsätze – durch die EU und die Vereinten Nationen – zu multilateralisieren.“

Deutschland schickt nur wenige Soldaten

Dabei ist es selbst mit der militärischen Unterstützung nicht weit her. Das Mali-Mandat an der Seite Frankreichs hat eine Obergrenze von 250 Soldaten, tatsächlich tun nur 142 dort Dienst, dazu kommen 30, die den Einsatz der UN-Blauhelme in Mali unterstützen. Der Bundestag hatte dafür 150 Soldaten genehmigt. In ZAR ist die Kluft zwischen Rhetorik und Realität noch größer. Dort unterstützt Deutschland Frankreich mit genau vier Soldaten. Der Bundestag hatte 80 Soldaten genehmigt. Im Südsudan, wo seit Mitte Dezember ein blutiger Bürgerkrieg tobt, sind zwölf Soldaten im Einsatz. Das Mandat gäbe 50 her.

Besser im Südsudan als in der Zentralafrikanischen Republik

Tatsächlich täte Deutschland gut daran, eigene politische Kapazitäten stärker einzusetzen – statt sich von Frankreich in militärische Abenteuer stürzen zu lassen. Deutschland unterhält zu beiden Sudans Beziehungen. Der Südsudan ist den UN beigetreten, als Deutschland den Vorsitz des UN-Sicherheitsrats inne hatte. Steinmeiers Vorgänger Guido Westerwelle (FDP) hat den Südsudan damals mit den Worten, die sei ein „historischer Tag“ begrüßt. Von einer „politischen Patenschaft“ war die Rede. Deutsche Diplomaten kennen alle Akteure des Konflikts gut und haben genügend Abstand gehalten, um tatsächlich etwas erreichen zu können. Doch auch politisch hält sich Deutschland zurück. Mehr Verantwortung will Berlin in Afrika offenkundig gar nicht übernehmen – höchstens rhetorisch.

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