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Im BLICK: Freie Fahrt für Europas Bürger

Selbst wer das Schengener Abkommen nicht kennt, weiß vermutlich aus eigener Erfahrung, was es in der Praxis bedeutet. Freie Fahrt zwischen Lissabon und Helsinki, keine Grenzkontrollen mehr auf dem Weg von Reykjavik nach Rom – „Schengen“ hat es möglich gemacht.

Selbst wer das Schengener Abkommen nicht kennt, weiß vermutlich aus eigener Erfahrung, was es in der Praxis bedeutet. Freie Fahrt zwischen Lissabon und Helsinki, keine Grenzkontrollen mehr auf dem Weg von Reykjavik nach Rom – „Schengen“ hat es möglich gemacht. Das Schengener Abkommen, das an diesem Montag 25 Jahre alt wird, zählt ebenso zu den Errungenschaften der EU wie der Euro. Während die Gemeinschaftswährung unter dem Beschuss der Märkte steht, muss sich niemand um die Freiheit im grenzüberschreitenden Personenverkehr Sorgen machen. Allerdings hat auch „Schengen“ seine Tücken – in der Polizei-Zusammenarbeit zwischen den Staaten, die an dem Abkommen beteiligt sind.

Geschlossen wurde das Abkommen am 14. Juni 1985 auf dem Fahrgastschiff „M. S. Princesse Marie-Astrid“ auf der Mosel in der Nähe des luxemburgischen Schengen. Dort verpflichteten sich die drei Benelux-Staaten, Frankreich und Deutschland, untereinander künftig auf Grenzkontrollen zu verzichten und die Überwachung an den Außengrenzen zu verstärken. Bevor es tatsächlich zur Öffnung der Schlagbäume kam, dauerte es bis März 1995. Was damals wie eine neu gewonnene Freiheit erschien, ist längst zur Selbstverständlichkeit geworden. Mittlerweile wird der kontrollfreie Grenzverkehr von 25 europäischen Staaten praktiziert, darunter auch Nicht-EU-Länder wie Island, Norwegen und die Schweiz.

Auch wenn es heute völlig normal erscheint, dass beispielsweise am Übergang zwischen dem baden-württembergischen Kehl und dem elsässischen Straßburg niemand mehr seinen Personalausweis vorzeigen muss, so wird leicht vergessen, wie groß die internen Widerstände gegen das Abkommen anfangs waren. Dass zwischen der Unterzeichnung der Vereinbarung und dem Inkrafttreten zehn Jahre vergehen sollten, lag auch an den französischen Bedenken: In Paris wollte man sichergehen, dass die Polizei trotz der Grenzöffnung künftig Drogenschmugglern aus den Niederlanden weiter das Handwerk legen konnte. Wenige Monate nach seiner Amtsübernahme zögerte Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac 1995 nicht, an einigen neuralgischen Punkten vorübergehend wieder Grenzkontrollen einzuführen. So konnten am Kontrollpunkt Rekkem zwischen Frankreich und Belgien an der vom Volksmund „Drogenautobahn“ getauften Strecke im Herbst 1995 wieder Zollbeamte und Grenzpolizisten gesichtet werden. Sicherheit geht vor Freiheit – so lautete die Botschaft Chiracs damals.

Damit der Wegfall der Kontrollen klappen konnte, musste seinerzeit im Inneren des Schengen-Raums die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Polizei verstärkt werden. Auch heute, 25 Jahre nach der Unterzeichnung des Abkommens, funktioniert dies nicht überall gleich gut. „Deutschland und die Benelux-Staaten sind die Vorreiter in der polizeilichen Zusammenarbeit in Europa“, hat Daniela Kietz von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin beobachtet. Schwieriger sei schon die Kooperation mit den französischen Polizeibehörden. Und das Zusammenwirken mit Polen und anderen mittel- und osteuropäischen Staaten, die Ende 2007 Mitglied wurden, hält sie erst recht für verbesserungswürdig. Der europäische Fortschritt ist eben eine Schnecke.

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