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Im BLICK: Kein Fall für Elena

Daten. Ein Wort, das nur noch im Plural existiert.

Daten. Ein Wort, das nur noch im Plural existiert. „Datum“ sagt, wer den Kalender meint. Daten – Informationen, Werte, Angaben, Zahlen – sind heutzutage nur in der Mehrzahl zu haben, wenn nicht gleich in Massen. Und immer öfter auch auf Vorrat.

Mit der Masse an Daten wachsen die Zweifel am Umgang damit. Nicht bei allen. Arglos kann man sagen: Wenn Menschen sich entblößen, indem sie mit Kundenkarten einkaufen, ihre Kreditkartennummern durch ihren Flatrate-Internetzugang schicken, sich auf Netzwerkseiten präsentieren, geben sie auch den Schutz ihrer Daten auf; sie verschwinden gleichsam im Datenmeer. Solche Metaphorik verschleiert, dass man mit Daten anderes anstellen kann als mit einem Sandkorn am Strand oder einer Handvoll Wasser im Strom. Daten können in unendlichen Varianten gesammelt, aufbereitet, verknüpft und verändert werden. Effizienz und Zweckmäßigkeit sind die Schlagworte, mit denen Daten angehäuft werden. Missbrauchsgefahr und Ungewissheit sind die Argumente der Kritiker.

Im Spannungsfeld dieser Pole bewegt sich auch eine der bislang größten zentralen Sammelaktionen, der elektronische Entgeltnachweis, genannt „Elena“. Ein einstmals unverdächtiges Projekt, angeschoben noch von der rot-grünen Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder, das die Wirtschaft von lästigem Papierkram befreien sollte. Jetzt will die schwarz-gelbe Regierung es prüfen; das Gesetz ist in Kraft. Mehr als 26 000 Menschen unterstützen eine Verfassungsbeschwerde, die diese Woche in Karlsruhe eingereicht werden soll. Elena vereint Angaben zu 40 Millionen deutschen Arbeitnehmern, darunter Verdienst, Arbeitszeit, Sozialabgaben, aber auch Fehlzeiten und Kündigungen. Statt dass Arbeitgeber Bescheinigungen für Behörden ausstellen, wenn die Beschäftigten Leistungen wie Eltern-, Wohn- oder Arbeitslosengeld beantragen, übernimmt das ein Zentralrechner in Würzburg.

Klingt harmlos, ist aber mit dem Streit um die Vorratsdatenspeicherung von Kommunikationsverbindungsdaten zur Terror- und Kriminalitätsbekämpfung in die Kritik geraten. Und Elenas Problem ist jetzt, sich am Urteil des Bundesverfassungsgerichts von Anfang März messen lassen zu müssen. Denn auch Elena widerspricht einem Grundprinzip des Datenschutzes, das man aus der Ökonomie kennt: Sparsamkeit. Persönliche Daten werden erst einmal angehäuft. Genutzt werden sie nur, wenn angefragt wird.

Die Karlsruher Richter haben Vorratshaltung nicht verboten. Aber auf den Ausnahmefall beschränkt, zum Schutz wichtiger Güter. Terrorgefahr ist so ein Fall. Und Elena? Bietet Komfort und Wirtschaftlichkeit. Die Kommunikationsdaten wurden außerdem noch dezentral gespeichert, in den Unternehmen. Elena dagegen ist ein staatlicher Zentralspeicher. Es kann deshalb gut sein, dass Elena gestutzt wird; wenn nicht von der Politik, dann vom Gericht. In einigen Jahren wird eine zentrale Sammelstelle ohnehin unwirtschaftlich erscheinen. Mit der richtigen Software bei Firmen und Behörden wäre der Austausch kein Problem. Elena wird überholt sein, noch ehe es – 2012 – voll in Betrieb geht. Computerschicksal.

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