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Politik: Im Kern umstritten

Putin will die Streitkräfte mit neuen Atomwaffen ausrüsten – Militärexperte nennt Pläne dubios

Die Worte des russischen Präsidenten Wladimir Putin waren deutlich: Russland werde bereits Ende 2005 über eine völlig neue Generation von Kernwaffen verfügen, wie sie keine der anderen Atommächte bisher habe, sagte Putin am Mittwoch in Moskau in einer Beratung mit der Führung des russischen Verteidigungsministeriums. Zugegen waren etwa 500 hochrangige Militärs, führende Beamte des Innenministeriums und der Geheimdienste sowie die gesamte Regierung.

Effektive kampffähige Streitkräfte, so der Kremlchef in seiner Rede, seien eines der wichtigsten Mittel, um Russland vor jedweder Form militärischen Drucks und einer potenziellen Aggression zu schützen. Sie seien gleichzeitig ein nicht zu unterschätzender Faktor, um die Position Russlands in der Welt zu festigen. Zwar habe Russland merkbare Fortschritte bei der militärischen Zusammenarbeit im Rahmen der Organisation des Vertrages für kollektive Sicherheit erreicht. Dem Bündnis gehören neben Russland und Weißrussland auch Armenien und die zentralasiatischen Ex-Sowjetrepubliken Kirgistan und Tadschikistan sowie Kasachstan an. Militärbasen, wie Russland sie in Kirgistan und in Tadschikistan neu errichtete oder wieder in Betrieb nahm, hätten das System der kollektiven Sicherheit in Zentralasien nachhaltig gestärkt und damit auch terroristische Bedrohungen erheblich gemindert. Dadurch sei auch das Verteidigungspotenzial der strategisch wichtigen Südflanke der UdSSR-Nachfolgegemeinschaft GUS gestärkt worden.

Experten vermuten, Putin meint mit seiner Ankündigung eine mobile, landgestützte Rakete (SS 27) mit Mehrfachsprengkopf. Angeblich arbeitet Russland aber auch an einer neuen superschweren Rakete mit zehn Sprengköpfen.

Die USA reagierten unterdessen gelassen auf die Ankündigung Russlands. Die Modernisierung der russischen Nuklearwaffen stelle keine Bedrohung dar, sagte ein Sprecher des US-Außenminsiteriums, Adam Ereli, in Washington. Der Sprecher des Weißen Hauses, Scott McClellan, sagte, die vom russischen Präsidenten Wladimir Putin angekündigten Waffensysteme seien nicht neu. Russland habe davon bereits in der Vergangenheit gesprochen.

Die gegenwärtige Struktur der Streitkräfte entspräche nicht den realen Bedrohungen, kommentierte Militärexperte Alexander Goltz die Putin-Rede im Inforadio Echo Moskwy. Putin selbst habe den internationalen Terrorismus die wichtigste Bedrohung genannt. Trotzdem genieße die weitere Entwicklung der Kernwaffentruppen nach wie vor unangefochtene Priorität. So wunderbar die neue Waffe auch sein möge, von der Putin sprach, zur Terrorismusbekämpfung und zur Stabilisierung der Lage in Zentralasien und im Kaukasus sei sie untauglich, meinte Goltz. Vor allem aber seien dies Aufgaben, die künftig auf die Einheiten der permanenten Gefechtsbereitschaft zukommen würden. Diese aber seien nach wie vor nur zu 60 Prozent gefechtsbereit. Goltz warf Putin „militärisches Denken in den alten Mustern“ der Sowjetära vor und kritisierte die neuen Kernwaffenpläne als „in höchstem Maße dubios“.

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