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Politik: Im Kontakt und im Geschäft

Moskau ist mit seiner Einladung an die Hamas vorgeprescht und hat die westliche Diplomatie düpiert – der Kreml hofft auf Aufträge

Moskau - Die Hamas will der Gewalt nur abschwören, wenn Israel im Gegenzug verspricht, sich aus dem Westjordanland zurückzuziehen. Dies machte der Chef der radikalislamischen Bewegung, Chaled Maschaal, in einem Interview mit der russischen Zeitung „Nesawissimaja Gaseta“ deutlich. Er und führende Hamas-Vertreter reisen Ende Februar zu Russlands Präsident Wladimir Putin. Maschaal wies damit Forderungen der internationalen Gemeinschaft zurück, die Hamas müsse sich vor der Regierungsbildung zur friedlichen Auseinandersetzung mit Israel bekennen. „Russland ist das erste Land des Nahost-Quartetts, dass die Wahl der Palästinenser respektiert“, erklärte Maschaal. „Wir begrüßen diese Entscheidung sehr.“ Dagegen wollen die anderen Mitglieder des Quartetts, die USA, die EU und die UN, vorerst nicht mit einer Hamas-geführten Autonomiebehörde zusammenarbeiten. Allein Frankreich äußerte sich verhalten positiv zu der russischen Initiative

Am Wochenende wurde dann bekannt, dass die Emissäre der Hamas wohl in der zweiten Februarhälfte in Moskau erwartet werden. So zitierte die staatsnahe Nachrichtenagentur Itar-Tass den offiziellen Sprecher der Bewegung, Abu Zurchi. Seinen Worten nach wird Chaled Maschaal die Abordnung leiten. Der gegenwärtig im syrischen Exil lebende Chef der politischen Abteilung der Hamas gilt als einer der einflussreichsten Politiker der islamistischen Gruppierung. Dennoch ist er für Washington und Tel Aviv nach wie vor eine Unperson.

Die Einladung sei ein Messer in den Rücken Israels, Putin würde damit Terror als Kampfmethode legalisieren, zitierten russische Medien das israelische Außenamt. Die US-Außenministerin Condoleezza Rice verlangte russischen Druck auf die Hamas: Deren Vertreter müssten auf Gewalt verzichten und das Existenzrecht Israels anerkennen.

Eben dies, so konterte ihr russischer Amtskollege Sergej Lawrow bei einem Telefonat am Freitag, sei das Ziel der Konsultationen. Die Einladung, so erklärte tags darauf auch Michail Margelow, der Chef des außenpolitischen Ausschusses im russischen Senat, bei einem Interview für Radio Echo Moskwy, mache durchaus Sinn. Die Bewegung habe bei den Parlamentswahlen Ende Januar gesiegt. Eine Kontaktsperre gegenüber der radikalen Hamas bedeute daher, die Kontakte zur palästinensischen Autonomiebehörde abzubrechen, die immerhin Subjekt des Völkerrechtes sei. Das aber würde zwangsläufig den gesamten Friedensprozess im Nahen Osten blockieren.

Bei allen sonstigen Differenzen zu Moskau dürften auch in Washington maßgebliche Politiker diese Einsicht teilen – wenn bislang auch nur inoffiziell. Der amerikanische Ärger, so die Lesart verschiedener Moskauer Beobachter, habe weniger mit der Einladung selbst zu tun, als damit, dass der Kremlchef mit seinem Vorpreschen US-Präsident George W. Bush und seiner Chefdiplomatin Condoleezza Rice die Schau gestohlen habe. Dass Moskau Washington zuvorkam, hat wiederum mit Putins zunehmend offensiver Außenpolitik zu tun. Russland möchte sich auf der Weltbühne als erfolgreicher globaler Konfliktmanager zurückmelden.

Die Einladung an die Hamas darf daher nicht isoliert betrachtet werden, sondern ist Teil eines strategischen Konzepts. Wie schon im Falle Iran, verspricht sich der Kreml auch im Falle der Hamas lukrative Verträge für russische Unternehmen. Vor allem aber will Putin mit Erfolgen an der außenpolitischen Front von seiner umstrittenen Innenpolitik und diversen Schlappen der letzten Zeit ablenken.

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