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Politik: Im Netzwerk verheddert

Machte Wulffs früherer Wahlkampfmanager auf Stadtwerke-Kosten Parteiarbeit?

Berlin - Millionen sogenannte Drittstaatler, also in Deutschland lebende Ausländer ohne Pass eines EU-Landes, sollen ab Mai nächsten Jahres sukzessive eine elektronische Aufenthaltskarte erhalten. Sie wird mit einem Chip ausgestattet sein, der zwei Fingerabdrücke und ein digitales Foto enthalten soll. Das Dokument im Scheckkartenformat löst den bisherigen Aufenthaltstitel ab, der in den Pass des jeweiligen Landes eingeklebt oder eingelegt wurde. Auch Schweizer, die bislang eine Aufenthaltserlaubnis in Form einer Klappkarte benötigten, sowie ihre Familienangehörigen aus Drittstaaten sind von der Regelung betroffen.

Damit werde eine verbindliche Vorgabe der Europäischen Union von 2008 umgesetzt, die Aufenthaltsdokumente der Drittstaatler in den Mitgliedsländern einheitlich elektronisch zu gestalten, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums dem Tagesspiegel. Diese Vorgabe enthalte auch die Forderung, Fingerabdrücke und Foto elektronisch zu erfassen. Er wies damit Kritik von Grünen und Linkspartei zurück, die von „erkennungsdienstlicher Überwachung“ sprachen und Bundesinnenminister Thomas de Maizière vorwarfen, „die Schwächsten der Gesellschaft unter Generalverdacht“ zu stellen. Nach Ministeriumsangaben ist damit zu rechnen, dass jährlich rund 1,1 Millionen Ausländer eine solche elektronische Karte beantragen. Eine Aufforderung zum Umtausch der bisherigen papiernen Aufenthaltstitel werde es nicht geben. Die neue Karte werde ab Mai 2011 nur bei Neuanträgen beziehungsweise bei Verlängerung von Aufenthaltstiteln ausgegeben.

Die Aufenthaltskarte soll, ähnlich wie der Personalausweis, auch als Identitätsnachweis im Internet nutzbar und maximal zehn Jahre gültig sein. Die EU legt vor allem Wert auf Fälschungssicherheit der Karte, um illegaler Einwanderung und illegalem Aufenthalt in EU-Staaten zu begegnen. Nachdem das Kabinett bereits einer entsprechenden Gesetzesänderung zugestimmt habe, beginne die Testphase noch in diesem Jahr, sagte der Sprecher. sc

Noch steht Aussage gegen Aussage, aber die Vorwürfe gegen den Vorstandschef der Stadtwerke im niedersächsischen Wolfsburg sind schwer wiegend: Fast zehn Jahre lang soll Markus Karp (44) dafür verantwortlich gewesen sein, dass Teile von CDU-Wahlkämpfen aus der Kasse der Stadtwerke bezahlt wurden. Das behauptet ein früherer enger Weggefährte von Karp, der sich damit selbst belastet. Brisant ist der Fall auch für den heutigen Bundespräsidenten Christian Wulff. 2002 hatte der damalige niedersächsische Oppositionsführer Karp als Wahlkampfmanager angeheuert – mit Erfolg: Ein Jahr später siegte Wulff souverän über Sigmar Gabriel, den heutigen SPD-Vorsitzenden. Karps Kampagne wurde wenig später als bundesweit mustergültig ausgezeichnet.

Geschah das alles am Ende über den Weg einer illegalen Parteienfinanzierung? Maik Nahrstedt, ehemaliger Stadtwerke- Sprecher und bis vor einigen Monaten enger Weggefährte von Karp, listete in einem 14 Seiten starken Manuskript die Vorwürfe auf. Karp habe ihn, Nahrstedt, zu rechtswidrigen Praktiken angewiesen. Fotoarbeiten für die CDU seien über die Stadtwerke abgerechnet worden, Nahrstedt sei mit einem Stadtwerke-Dienstwagen zu CDU-Terminen gefahren – habe sein Diensthandy für Parteitelefonate genutzt und habe im Übrigen für die CDU- Arbeit im Dienst „freie Hand“ gehabt. Karp spricht von „infamen Behauptungen“, wie auch sein langjähriger Förderer, der Wolfsburger Unternehmer und Oberbürgermeister Rolf Schnellecke (CDU). Mit seinem Oberbürgermeisterwahlkampf 2001 hatte alles angefangen.

Die Niedersachsen-CDU ist den Angriffen Nahrstedts nachgegangen, auch im Vorfeld von Ermittlungen des Bundestagspräsidenten wegen der Parteienfinanzierung. Die Partei fand Belege für Abrechnungen, die Nahrstedts Erklärungen nicht bestätigen. Die CDU hatte ihm offenbar Spesen erstattet – das passt schlecht zum Vorwurf, die Stadtwerke hätten alles bezahlt. Aber es geht um viele Wahlkämpfe – auch in Brandenburg/Havel, wo 2003 die CDU-Bewerberin Dietlind Tiemann mit Karps Hilfe Oberbürgermeisterin wurde. Ist auch das über die Stadtwerke gelaufen, wie Nahrstedt behauptet? Tiemann wies solche Verdächtigungen zurück.

Karp, in Wolfsburg geboren, studierte nach der Banklehre Betriebswirtschaft, dann Philosophie. Mit 33 wurde er Professor für Betriebswirtschaft und Kommunikation an der Fachhochschule Wildau in Brandenburg – an der übrigens 2008 auch Karps Förderer Schnellecke eine Honorarprofessur bekam. Karp galt bald als begnadeter Kommunikator. Später wurde er, auch wegen seiner guten Netzwerkarbeit an der Fachhochschule, für ein Jahr Staatssekretär bei der Brandenburger Wissenschaftsministerin Johanna Wanka. In Hannover schwanken die Einschätzungen heute zwischen „jemand mit der Gabe zu begeistern“ bis „großer Windmacher“.

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