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Politik: Im Osten nichts Neues: Die Zahl der Gewalttaten steigt - vor allem in den neuen Bundesländern

Die Zahlen sind so eindeutig wie unerfreulich. 1999 haben deutsche Rechtsextremisten weniger Straftaten begangen als im Jahr davor.

Von Robert Birnbaum

Die Zahlen sind so eindeutig wie unerfreulich. 1999 haben deutsche Rechtsextremisten weniger Straftaten begangen als im Jahr davor. Um 9,2 Prozent ging die Zahl zurück, bei gut 10 000 strafbaren Gesetzesverstößen immerhin etwa 1000 weniger als 1998. Aber dieser Trend täuscht über die wirkliche Entwicklung hinweg. Im gleichen Zeitraum nämlich hat die Zahl der Gewalttaten zugenommen. 746 mal haben Skins, Neonazis und andere Rechtsextreme im vergangenen Jahr zugeschlagen, zugetreten; fast 30 Fälle mehr als 1998. Die Opfer waren oft Ausländer, nicht selten auch linke Autonome. Drei Menschen starben, 13 kamen knapp mit dem Leben davon, 630 wurden verletzt.

Die Ursache benennt der neue Verfassungsschutzbericht in nüchternen Sätzen: Einen wachsenden Zulauf zu "subkulturell geprägten und sonstigen gewaltbereiten Rechtsextremisten". Gut 9000 Personen rechnet das Kölner Bundesamt dieser Szene zu, in der Skinheads nach wie vor die größte Gruppe bilden. Das sind fast zehn Prozent mehr als 1998 - ein Trend, den die Verfassungsschützer seit 1996 beobachten. Geographischer Schwerpunkt sind nach wie vor die neuen Bundesländer. Zwar verzeichnet Nordrhein-Westfalen 1999 absolut die meisten rechtsextremen Gewalttaten. Gemessen an der Zahl der Einwohner führen aber Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg die so traurige Hitliste an.

Insofern im Osten nichts Neues. Auch die Tatsache, dass an den Jugendlichen-Treffs in Ostdeutschland oft die Skins den Ton angeben, vermeldet der Verfassungsschutz nicht zum ersten Mal. Neu vermerkt wird aber, dass die Vermischung zwischen der Gewalt-Szene und den bislang oft auf eine gewisse bürgerliche Reputation bedachten Rechtsparteien und Neonazi-"Kameradschaften" zunimmt. Führungskader der Skin-Szene engagierten sich nach dem Bericht 1999 zunehmend zugleich in der NPD oder ihrer Jugendorganisation JN. Umgekehrt betreiben die Nationaldemokraten regelrechte Nachwuchswerbung: Die JN organisiert zum Beispiel Räume für Skin-Treffen. Träume von einem "Brückenschlag nach links", die ein Autor im NPD-Organ "Deutsche Stimme" formulierte, haben sich freilich nicht erfüllt. Die Verfassungsschützer bewerten solche Versuche, ein Bündnis zwischen Links- und Rechtsextremen zu Stande zu bringen, als gescheitert.

Rechte Parteien verlieren Mitglieder

Ansonsten sieht es für die rechte Politszene erfreulich düster aus. Die bei Wahlen durchweg erfolglosen Republikaner büßten 1999 rund 1000 Mitglieder ein und verzeichnen jetzt nur noch 14 000 zahlende Anhänger. Auch die Deutsche Volksunion (DVU) des Verlegers Gerhard Frey verlor trotz zweier Wahlerfolge ebenfalls etwa 1000 Mitglieder und hat nun noch etwa 17 000 Namen in ihrer Kartei.

Nichts Neues vermeldet der Bericht auf der äußersten Linken. Die Rote Armee Fraktion (RAF) hat keine Nachfolger gefunden; als Gefahr für die innere Sicherheit gelten inzwischen nur noch militante Autonome. Die Szene verändert sich kaum; die Zahl von etwa 6000 Militanten ist seit Jahren konstant, und es spricht viel dafür, dass es sich auch seit Jahren im Wesentlichen um die gleichen Personen handelt.

In etwa konstant ist auch die Zahl der extremistischen Ausländer in Deutschland. Auf den ersten Blick besorgniserregend zugenommen hat die Gewaltbereitschaft dieser Gruppen: Die Statistik weist einen Anstieg der Gewalttaten von 258 im Jahr 1998 auf 391 im vorigen Jahr aus, ein Plus von 51,6 Prozent. Doch steckt dahinter ein Sonderfall: Die Verhaftung des Chefs der Kurdischen Arbeiterpartei PKK, Abdullah Öczalan, hat die Welle ausgelöst.

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