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Politik: Im Pflegestreit spricht Kohl ein Machtwort, doch die FDP bleibt stur

Kanzler schließt Beitragssenkung aus / Experten warnen davor, die Reserven der Pflegeversicherung aufzuzehren BONN.Bundeskanzler Helmut Kohl hat am Montag versucht, den Koalitionsstreit über die Pflegeversicherung mit einem Machtwort zu beenden.

Kanzler schließt Beitragssenkung aus / Experten warnen davor, die Reserven der Pflegeversicherung aufzuzehren BONN.Bundeskanzler Helmut Kohl hat am Montag versucht, den Koalitionsstreit über die Pflegeversicherung mit einem Machtwort zu beenden.Kohl sagte am Rande einer CDU-Vorstandssitzung, eine Absenkung des Pflegebeitrags komme nicht in Frage, weil die Lage am Arbeitsmarkt dafür keinen Raum lasse.FDP-Chef Wolfgang Gerhardt bekräftigte aber das Junktim seiner Partei zwischen einer Beitragssenkung und den von Koalition und SPD bereits vereinbarten Leistungsverbesserungen für die Pflege.SPD-Chef Oskar Lafontaine warf der Koalition Handlungsunfähigkeit vor.CDU-Generalsekretär Peter Hintze warnte die FDP vor dem Versuch, die Pflege-Frage zur Profilierung zu nutzen. Hintze sagte, die FDP hüpfe auf eine Chimäre, wenn sie glaube, sie könne hier Erfolge erzielen.Dem Koalitionspartner müsse man ab und zu sagen, er solle die Kirche im Dorf lassen.Über die Leistungsverbesserungen werde man sich in Ruhe unterhalten müssen.In der Vorstandssitzung zeigten sich Kohl und Fraktionschef Wolfgang Schäuble verwundert darüber, daß der Sprecher des CDU-Mittelstands, Peter Rauen, wie die FDP für eine Senkung des Pflegebeitrags plädiert hatte.Rauen verteidigte nach Angaben von Teilnehmern seine Haltung, erklärte sich aber bereit, sich der Mehrheitsmeinung unterzuordnen. Kohl wies auch den Gedanken an eine Anhebung des Pflegebeitragssatzes von heute 1,7 Prozent zurück.Er reagierte damit auf einen Expertenbericht für die Enquetekommission "Demographischer Wandel" des Bundestages, in dem ein Anstieg des Beitragssatzes prognostiziert wird.Sinkende Beschäftigung und sinkende Geburtenraten bei steigender Lebenserwartung würden die angesammelten Reserven rasch aufzehren, schreiben die Gutachter.Bereits heute müsse der Beitrag eigentlich bei 1,8 Prozent liegen.Bis zum Jahr 2040 könne der Satz bis 3,44 Prozent steigen.Mitglieder der Kommission werteten dies aber als Extremprognose, der sehr unwahrscheinliche Annahmen etwa über den Fortschritt in der Bekämpfung von Alterskrankheiten zugrunde lägen.Dies zeige aber auf der anderen Seite, wie notwendigkeit es sei, der Pflegekasse ein Sicherheitspolster zu belassen. Lafontaine sagte, die Pflegedebatte belege erneut die Handlungsunfähigkeit der Regierung.Das sogenannte Blockadeproblem bestehe in der Koalition selbst.Nur ein Kurswechsel in der Politik sei imstande, die Arbeitslosigkeit zurückzuführen.Der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Gunnar Uldall, erklärte, es sei klüger, den Beitragssatz zur Pflegeversicherung unverändert zulassen.Zwar führte die Senkung zu einer Entlastung der Arbeitskosten je Arbeitsstunde.Der Facharbeiter mit einem Monatseinkommen von 5000 Mark müßte fünf Mark weniger zahlen, der Arbeitgeber werde in gleicher Höhe entlastet.Auf die Arbeitsstunde umgerechnet wären das aber nur rund vier Pfennig, sagte er.

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