zum Hauptinhalt

Politik: Im Schatten des Vorgängers

Auch in Mecklenburg-Vorpommern traf es die SPD hart – Ministerpräsident Sellering hat noch zu wenig eigenständiges Profil

Ein Jahr nach seinem Amtsantritt ist Erwin Sellerings SPD bei der Bundestagswahl nur noch drittstärkste Kraft in Mecklenburg-Vorpommern geworden. Eine „bittere Niederlage“, wie der Ministerpräsident eingesteht. Die SPD verlor über 15 Prozentpunkte – also deutlich mehr als im Bund – und landete mit 16 Prozent der Stimmen abgeschlagen hinter CDU und Linken. Trotzdem sieht Sellering keinen Grund, zwecks Stärkung des SPD-Profils gegenüber der CDU heftiger auf die Pauke zu hauen oder gar während der Legislaturperiode den Koalitionspartner zu wechseln. „Gute sozialdemokratische Regierungsarbeit“ will er bis zum Wahltermin 2011 abliefern. Dazu müssten vor allem Arbeitsplätze gesichert und geschaffen werden. Und „gerecht muss es zugehen“, sagt er. Für die Landtagswahl hofft er schon jetzt, dass die Wähler für Ruhe und Harmonie in der Koalition vor allem die Partei des Regierungschefs belohnen. Vorbild ist ihm dafür Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck. Der Parteifreund habe schließlich gezeigt, dass die SPD gegen den Bundestrend auf Landesebene gewinnen kann.

Ein Krawallmacher ist Sellering ohnehin nicht. Ihm liegt am Kompromiss – ob in der Regierung oder der eigenen Partei. Dennoch bleibt die CDU trotz aller Harmonie-Beteuerungen seitens der SPD skeptisch. Dem Fraktionsgeschäftsführer Wolf-Dieter Ringguth tut die SPD sogar etwas leid. „Aber wir brauchen die SPD“, sagt er. CDU-Landtagsfraktionschef Harry Glawe beeilte sich nach dem SPD-Wahldesaster, die vielen Gemeinsamkeiten zu beschwören. Dazu gehört eine Verwaltungsreform, bei der 18 Landkreise und Städte zu acht Einheiten verschmolzen werden sollen. Die Reform birgt allerdings genügend Zündstoff, dass es Sellering nicht leicht haben wird, den Wählern das Bild harmonischer Regierungsgeschäfte zu vermitteln. Auch den Streit um den Bau eines riesigen Steinkohlekraftwerks am Greifswalder Bodden wird er nicht einfach aussitzen können. Und wenn die Werften, die symbolträchtigsten Arbeitgeber an der Küste, weiterhin kriseln, kann er kaum mit einer erfolgreichen Arbeitsmarktpolitik glänzen.

Im Oktober 2008 übernahm Sellering den Chefsessel in der Staatskanzlei von Harald Ringstorff, der zehn Jahre zuvor die erste rot-rote Koalition in Deutschland eingegangen war. Sellering macht kein Hehl daraus, dass er solch ein Bündnis auch auf Bundesebene für denkbar hält. Im Frühjahr machte er bundesweit Schlagzeilen, weil er die DDR gegen den Vorwurf verteidigte, ein totaler Unrechtsstaat gewesen zu sein. Sellering wurde vorgeworfen, er wolle sich bei den Wählern der Linken einschmeicheln. Wenn das Absicht gewesen wäre, hat es bislang nichts genutzt, wie das SPD-Landesergebnis bei der Bundestagswahl zeigt. Außerdem hat Sellering im Vergleich zu Ringstorff ein Popularitätsproblem: Die Hälfte selbst der SPD-Sympathisanten hätte nach einer Umfrage lieber „einen von hier“. Da wird der 1994 aus dem Westen zugewanderte Sellering noch „eine Menge Hände schütteln müssen“, um derlei Vorurteile abzubauen.

Zur Startseite