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Politik: Im Vertrauen liefern

FÜCHSE NACH PALÄSTINA?

Von StephanAndreas Casdorff

Diese Bundesregierung hat es wirklich nicht leicht. Die kolossale Verstimmung mit den Amerikanern führt dazu, dass sie um ihren Platz in der Weltpolitik kämpfen muss. Nun wartet die nächste Herausforderung auf die Regierung, ganz besonders auf den Bundeskanzler. Und diesmal darf nicht Wahltaktik sein Handeln bestimmen, denn es geht um Israel und dessen Wünsche an die Deutschen. Hier ein falscher Ton, und unsere Glaubwürdigkeit ist am Boden.

Die Situation ist fraglos eine Herausforderung, diplomatisch wie politisch. Die Israelis erwarten militärische Hilfslieferungen. Sie wollen Patriot-Raketen und Transportpanzer vom Typ Fuchs. Bei den einen handelt es sich um eher defensive Waffen, die Raketen bilden ein Luftabwehrsystem zur Verteidigung; die anderen sind Transportfahrzeuge, klassische Kriegsgeräte, mit denen sich Infanteristen verlegen lassen, sicher und schnell. Nun ist die Frage: Das eine liefern, das andere nicht?

Beim Wunsch nach den Patriots fällt ein Ja nicht schwer. Und gut, dass es so schnell kam; unabhängig davon, dass die USA dasselbe Abwehrsystem kurz vorher angefordert hatten… Die Bilder von den Einschlägen in Israel im ersten Golfkrieg 1991 sind nicht vergessen. Wer so etwas verhindern kann und dazu die Gefahr einer Verseuchung mit Giftgas oder Bio-Waffen, der muss es tun. Deutsche an vorderster Front – der Kriegsverhinderung oder, wenn das nicht gelingt, der Kriegsfolgenminderung.

Nur führen uns die Fuchs-Panzer an einen anderen Frontabschnitt. Bei den gepanzerten Transportern, ist da ein Nein möglich? Der Bundeskanzler hatte Israel nur Spürpanzer vom Typ Fuchs gegen die verheerenden B- und C-Waffen zusagt, bis klar wurde, dass diese Panzer gar nicht gemeint waren. Abgesehen davon, dass der Vorgang von handwerklichen Fehlern und von Oberflächlichkeit zeugt: Die Transportpanzer Fuchs sind militärisch gesehen natürlich auch geeignet, Vorstöße der israelischen Armee in die Palästinensergebiete zu unterstützen. Gegen derartige Vorstöße aber hat sich die deutsche Regierung immer klar ausgesprochen, zu Recht, weil es ihrer Politik des Ausgleichs im Nahen Osten widerspricht. Ein Dilemma also?

Ja, ein Dilemma, für jeden und in jedem Fall. Wir müssen entscheiden, ob wir Israel vertrauen – oder nur alles zutrauen. Wie belastbar ist unsere Unterstützung: Kann sie auch eine falsche Politik aushalten? Muss man annehmen, dass Israel mit deutschen Waffen Menschenrechte verletzt? Oder dass die israelische Regierung womöglich unter dem Druck ihrer Öffentlichkeit und dem Eindruck von Anschlägen die Voraussetzungen für eine Weitergabe der Transport- Füchse missachtet? Solche Befürchtungen stehen einer Lieferung der Panzer entgegen.

Und das sind die Argumente für eine Unterstützung: Unser Verhältnis zu Israel ist viel tiefer begründet. Es hat seine Wurzeln im Lebensrecht des Staates. Dieser Staat ist eine Demokratie, noch dazu die einzige im Nahen Osten. Die deutsche Unterstützung Israels wird getragen von einer jahrzehntealten Beziehung, die schon eine eigene Geschichte hat; die nach dem Holocaust unvereinbar Scheinendes durch ausdauernde Pflege wieder näher zueinander brachte. Auch deshalb hat Deutschland eine besondere Verantwortung für den Schutz dieses Landes übernommen. Bisher noch ohne die Entsendung von Soldaten zur Verteidigung. Dafür ist die Geschichte noch zu stark, so weit reicht das Vertrauen noch nicht.

Das ist die Dimension, vor der alles Militärisch-Technische abgewogen werden muss. Was zu dem Ergebnis führt: Die Entscheidung ist in keinem Falle leicht, aber Vorrang hat der politische Maßstab. Hier darf das Misstrauen nicht spürbar werden, das gegenüber Amerika so fatale Folgen hatte und den Partner und Freund so tief getroffen hat. Das war doch der Eindruck der US-Regierung: dass ihr die Deutschen Abenteurertum im Umgang mit dem Diktator Saddam zuzutrauen schienen. Wenn nun die Bundesregierung Israels Hilfswünsche ablehnen würde, dann wiederholte sich die Gefahr eines solchen Eindrucks. Und dann würden die deutsch-israelischen Beziehungen infrage gestellt. Der Schaden wäre unübersehbar. Von unserer Glaubwürdigkeit gar nicht mehr zu reden.

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