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Politik: Im zweiten Anlauf eine neue FDP?

Von Gerd Appenzeller In der FDP-Spitze wächst die Sorge vor einer schleichenden Neupositionierung der Liberalen, für die der Konflikt von Jürgen Möllemann mit dem Zentralrat der Juden nur ein Indikator sein könnte. Der baden-württembergische Landesvorsitzende, Walter Döring, vermutet hinter dem Verhalten des nordrhein-westfälischen FDP-Chefs „kalte Strategie“.

Von Gerd Appenzeller

In der FDP-Spitze wächst die Sorge vor einer schleichenden Neupositionierung der Liberalen, für die der Konflikt von Jürgen Möllemann mit dem Zentralrat der Juden nur ein Indikator sein könnte. Der baden-württembergische Landesvorsitzende, Walter Döring, vermutet hinter dem Verhalten des nordrhein-westfälischen FDP-Chefs „kalte Strategie“. Der Sendung Report Mainz sagte Döring, das Vorgehen Möllemanns sei seines Erachtens mit dessen Berater, Fritz Goergen, abgesprochen. Dieser habe Anfang der 90er Jahre bereits einmal die „Haiderisierung der FDP“ betreiben wollen, sei damit aber damals im FDP-Präsidium klar gescheitert.

Der 61-jährige Möllemann-Berater Fritz Goergen arbeitet heute auf Honorarbasis für die FDP. Er ist in der Partei aber kein Unbekannter und spielt bei den Liberalen schon seit langem in verschiedenen Funktionen eine führende Rolle - unter seinem heutigen n freilich erst seit kurzer Zeit. Unter seinem Geburtsnamen Fritz Fliszar war er unter anderem Bundesgeschäftsführer der FDP von 1979 bis 1983 und dann bis 1991 Geschäftsführungsvorsitzender der Friedrich-Naumann-Stiftung. Er nahm für sich selbstbewusst in Anspruch, einen „Liberalismus pur“ zu vertreten, und polarisierte dadurch innerhalb der Partei stark.

In einem Thesenpapier, das auch veröffentlicht wurde, artikulierte er 1992 seine Vorstellungen eines künftigen liberalen Grundsatzprogramms. Darin forderte er zum Beispiel die Streichung aller Lohnnebenkosten und Subventionen sowie den Ersatz aller staatlichen Sozialversicherungen durch private. Polizei und Strafvollzug wollte er genauso privatisieren wie den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Das staatliche Bildungssystem sollte abgeschafft, alle Parlamente und das Amt des Bundespräsidenten auf ehrenamtliche Tätigkeit umgestellt werden. Nach Fliszars Konzept sollte sich der Staat auch aus der Kulturförderung komplett zurückziehen. Stattdessen sollte das Mäzenatentum steuerlich voll anerkannt werden. Einen Wehr- und Ersatzdienst würde es nicht mehr geben, der gesamte öffentliche Dienst könnte nach diesem Konzept zur Disposition gestellt werden.

Als Fliszar, nach der Ausformulierung seiner zum Teil deutlich populistisch geprägten Forderungen, auch noch starke Sympathien für den österreichischen Rechtsausleger Jörg Haider erkennen ließ, schwand sein Rückhalt in der Partei. So weigerte sich Otto Graf Lambsdorff, der ursprünglich einmal, wie Hans-Dietrich Genscher, zu den Förderern Fliszars gehört hatte, mit diesem in der Naumann-Stiftung zusammen zu arbeiten.

Aus der zunehmenden innerparteilichen Isolierung zog Fritz Fliszar persönliche Konsequenzen. 1996 entschloss er sich zu einer beruflichen Neuorientierung. Unter dem Namen seiner Frau, Goergen, machte er sich mit einer Agentur für Trendanalysen selbstständig. Für Jürgen Möllemann hatte er beratend seit 1999 gearbeitet und auch überaus erfolgreich den Landtagswahlkampf der nordrheinwestfälischen Liberalen gemanagt. Diese kehrten 2001 nach fünfjähriger Auszeit mit einem Stimmenanteil von fast zehn Prozent wieder in den Düsseldorfer Landtag zurück.

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