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Politik: Im zweiten Anlauf

Die Grünen in Hessen wiederholen ihre Landeslistenaufstellung

Von Christoph Schmidt Lunau, Wiesbaden

Die Landesversammlung der hessischen Grünen vom Wochenende in Kirch-Göns hinterlässt einen Scherbenhaufen. Weil Manipulationsvorwürfe sich nicht hatten ausräumen lassen, beschloss der Landesvorstand am Dienstagabend, die Listenaufstellung für die Landtagswahl zu wiederholen. Zuvor war Landesvorstandssprecher Hubert Kleinert von seinem Parteiamt zurückgetreten, weil ihn die Landesversammlung bei der Aufstellung der Liste hatte durchfallen lassen.

„Juristisch ist die Kandidatenliste korrekt zu Stande gekommen“ – auch am Mittwoch gab sich Landesvorstandssprecherin Evi Schönhut-Keil selbstbewusst; man habe vor der Schlussabstimmung über die gesamte Liste alle Stimmberechtigten überprüft. Allerdings hatte die kritische Diskussion in den eigenen Reihen und die beißende Kritik des politischen Gegners eine schnelle Entscheidung erforderlich gemacht.

Schon während der Versammlung in Kirch-Göns war der Verdacht aufgekommen, einzelne hätten Stimmzettel bereits abwesender Mitglieder gesammelt, zeitweise seien mehr Stimmzettel in den Urnen gelandet, als Mitglieder anwesend waren. Die frühere Wiesbadener Umweltdezernentin, Christiane Hinninger, die an einem der vorderen Listenplätze gescheitert war, hatte der Versammlungsleitung nachträglich vorgeworfen, solche Hinweise ignoriert zu haben. Sie selbst hatte nach eigenen Worten aus der Zeitung erfahren, dass sie in Abwesenheit auf Rang 25 platziert worden war. Weil sie mit einer derart zu Stande gekommenen Liste nichts zu tun haben wolle, habe sie sich streichen lassen, sagte sie dem Tagesspiegel.

Parteichefin Schönhut-Keil sprach dagegen nur von „einem einzigen konkreten Verdacht“ auf einen Manipulationsversuch; gegen diesen ntlich bekannten Bewerber sei ein Ausschlussverfahren eingeleitet worden. Man müsse allerdings die Landtagskandidaten vor dem Vorwurf schützen, sie seien unrechtmäßig auf der Liste. Deshalb werde die Listenaufstellung am 26. Oktober wiederholt, bei der mit „geeigneten Maßnahmen“ sichergestellt werde, dass nur wirklich dazu Berechtigte ihre Stimmen abgeben könnten. Deshalb seien unter anderem strenge Personen- und Ausweiskontrollen geplant.

Landesvorstand will Satzung ändern

Außerdem kündigte Schönhut-Keil an, der Landesvorstand werde eine Satzungsänderung vorschlagen. Vermutlich zielt diese darauf ab, auch bei den Grünen in Hessen die basisdemokratische Landesmitgliederversammlung durch eine Delegiertenkonferenz zu ersetzen. Führende Parteimitglieder sehen in der unkalkulierbaren Vollversammlung einen wesentlichen Grund für die mitunter chaotischen Entscheidungsprozesse. In der Vergangenheit waren Satzungsänderungen allerdings wiederholt an der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit gescheitert.

Die beiden Regierungsparteien in Wiesbaden kritisierten am Mittwoch die grüne Führungsspitze auch nach der Entscheidung, die Listenaufstellung zu wiederholen. Wenn die Grünen die Aufstellung immer noch als „juristisch korrekt“ bezeichneten, sei dies ein weiterer Vertuschungsversuch, sagte CDU-Fraktionsgeschäftsführer Stefan Grüttner; FDP-Fraktionschef Jörg-Uwe Hahn riet den Grünen, sie sollten „endlich Demokratie in ihrem Laden organisieren und wichtige Entscheidungen nicht weiter auf der Straße treffen“. Der hessische Ministerpräsident, Roland Koch (CDU), hatte zuvor von einem Skandal gesprochen: „Der Demokratie tut es einen Schaden und für die früher mal so hohen Ansprüche der Grünen ist es eine Katastrophe.“

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