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Im BLICK: Nicht immer nach Berlin

Kommenden Sonntag, wenn das Endspiel der Frauen-WM stattfindet, ist Berlin außen vor. Die Welt schaut dann ausnahmsweise mal nicht auf diese Stadt.

Kommenden Sonntag, wenn das Endspiel der Frauen-WM stattfindet, ist Berlin außen vor. Die Welt schaut dann ausnahmsweise mal nicht auf diese Stadt. Sondern nach Frankfurt am Main. Wohin? Wie konnte Deutschland das passieren? Na ja, der Deutsche Fußball-Bund hat nun mal seinen Sitz in Frankfurt. Und überhaupt – ist doch eine feine Sache, wenn mal was Bedeutendes nicht in Berlin spielt. Da muss man nicht gleich meckern.

Zumal Frankfurt auch einmal die Chance hatte, Hauptstadt zu werden. Die Chose lief ja bekanntlich nicht ganz so geradlinig auf Berlin zu. Und als die Bundesrepublik 1948/49 vorbereitet wurde, kam die Sache nochmals auf den Tisch. Vor allem die Sozialdemokraten waren damals für Frankfurt am Main, vielleicht nicht alle, aber immerhin viele. Und das nicht ohne historische Gründe: Frankfurt ist die Stadt, in der seit dem 12. Jahrhundert die deutschen Könige gewählt wurden und später die Kaiser gekrönt wurden, deren Funktion ja auf eine Art Reichseinheitssymbol hinauslief (Bundespräsidentschaft!). Frankfurt war eine der bedeutenderen Reichsstädte, im Deutschen Bund war es Sitz der Bundesversammlung (als Länderkammer die Vorläuferin des heutigen Bundesrats), 1848 tagte in der Frankfurter Paulskirche die revolutionäre Nationalversammlung, die eine bundesstaatliche Verfassung konzipieren sollte und für ein künftiges Deutschland Frankfurt als Sitz von Parlament und Regierung vorsah.

Der Rest der Parteienwelt aber war vor gut 60 Jahren nicht so begeistert. Weil Berlin offensichtlich nicht ging, viergeteilt wie die Metropole des frisch verschiedenen Preußen nun mal war, hat man sich für Bonn entschieden. Keine Hauptstadt, nur ein Regierungssitz.

Wobei man hier wieder einmal anmerken sollte (weil die Debatten über Berlin, wie es ist und wie es sein wollte, nicht abreißen), dass Bundesstaaten eigentlich nie richtige Hauptstädte haben. Und sie auch nicht brauchen. Ihnen genügen Regierungssitze. In den USA ist das zum Beispiel Washington, nicht gerade eine der großen Metropolen Nordamerikas. Mit Neu-Delhi ist es in Indien ganz ähnlich. Canberra in Australien ist auch nur als Regierungssitz und nicht als hauptstädtische Metropole geplant worden. Ebenso Brasilia. Pretoria in Südafrika ist ein weiteres Beispiel.

Wir Deutschen haben uns dagegen für die Lösung entschieden, den Regierungssitz in die größte Stadt zu verlegen. Aber ist Berlin wirklich eine so prägende und bestimmende Hauptstadt, eine Metropole wie London, Paris, Peking, Tokio? Gibt es da nicht auch noch München und Hamburg? Spielt die deutsche Musik nicht auch in der rheinischen Metropolregion, in Stuttgart (zugegeben: das ist diskussionswürdig) oder eben in „Mainhattan“?

Frankfurt als Regierungssitz wäre irgendwie nicht unlogisch gewesen, oder? Verschüttete Milch. Dafür spielen nun die WM-Frauen ihr Endspiel dort. Fehlt eigentlich nur noch, dass der DFB endlich mal merkt: Preußen existiert nicht mehr. Was ja am Main nicht so schwer fallen dürfte. Oder warum laufen die deutschen Nationalteams immer noch in Schwarz-Weiß auf?

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