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Politik: Immigration: Grünen-Politikerin Claudia Roth über Einwanderung und Abschottung

Claudia Roth (45) ist Grünen Politikerin und Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe im deutschen BundestagEuropa verschärft generell seine Asylpolitik, müssen wir künftig häufiger mit solchen tragischen Fällen wie in Dover rechnen ?Die Fälle sind in der Tat tragisch.

Claudia Roth (45) ist Grünen Politikerin und Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe im deutschen Bundestag

Europa verschärft generell seine Asylpolitik, müssen wir künftig häufiger mit solchen tragischen Fällen wie in Dover rechnen ?

Die Fälle sind in der Tat tragisch. Aber wenn ich dann bestimmte Äußerungen beim EU-Gipfel höre, dann kommen die mir doch ziemlich heuchlerisch vor. Denn seit Jahren wird versucht, die EU zu einer Festung zu machen. Der einzige Reflex, der auf solch eine Katastrophe passiert, ist die Frage, wie man Gesetze gegen Menschenschmuggel verschärfen kann. Das kann es nicht sein.

Warum?

Ich finde, man muss sich die Frage stellen, ob es überhaupt noch legale Möglichkeiten gibt, als Flüchtlinge in die EU zu kommen. Wurden nicht diese Möglichkeiten auf ein Minimum reduziert, und ist nicht in erster Linie zu garantieren, dass Menschen die Hilfe und Zuflucht bei uns suchen, diese Hilfe und Zuflucht auch bekommen? Es gibt Kriminalstatistiken, aus denen hervorgeht, dass eine restriktive Asylpolitik die Zunahme von Schleuserkriminalität fördert.

Kann denn eine gemeinsame EU-Einwanderungspolitik solche Fälle ausschließen?

Man kann es nicht immer ausschließen. Aber es geht um eine Entscheidung: In welche Richtung will die EU gehen? Will sie nun schlussfolgern, wir verschärfen das Asylrecht, oder will man als Europäische Union eine gemeinsame Flüchtlingspolitik und eine gemeinsame Einwanderungspolitik?

Warum macht Rot-Grün kein Einwanderungsgesetz, wo sich doch jetzt selbst die Union in diese Richtung bewegt?

Innenminister Schily hat sehr positive Vorschläge gemacht, über das Thema Einwanderung zu diskutieren. Ich glaube, es steht uns sehr gut an, deutlich zu machen, dass wir Einwanderung wollen. Wir sind ein Einwanderungsland, die EU ist eine Union, in der Einwanderung normal ist. Und es ist sinnvoll, Einwanderung zu regeln und die Kriterien zu definieren. Was auf keinen Fall passieren darf ist, dass Einwanderung als Alternative zu Asyl fungiert. Das Recht auf Asyl ist in den letzten Jahren in der EU immer weiter eingeschränkt worden.

Warum wird so ein urgrünes Thema von den Grünen nicht gefördert?

Ich bin froh, dass nach dem Beginn der Green-Card-Debatte die Notwendigkeit gesehen wird, auch in der Regelung der Einwanderung Initiativen zu ergreifen. Ich glaube, wir brauchen tatsächlich eine geregelte Einwanderung. Wir brauchen keine Debatte über die Abschaffung des Asylrechts, sondern eine Garantie, dass Menschen, die Zuflucht suchen, diese auch bekommen.

Man hat aber das Gefühl, die Grünen fürchten sich vor dieser Debatte.

Die Debatte um das Asylrecht ist ohnehin belastet durch schlimme Worte. Wir Grünen sollten uns aber nicht vor unbequemen Debatten fürchten, sondern dieses Thema als modernes Zukunfsthema betrachten.

Europa verschärft generell seine Asylpolitik

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