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Politik: Immigration: Menschenrechtsgruppen warnen davor, den Schleuserbegriff als politische Kampfvokabel zu benutzen

Die Wut auf die Schleuserbanden ist nach dem Tod der Flüchtlinge in Dover grenzenlos. In fast allen europäischen Staaten und deren Medien wurde heftig über das Geschehene diskutiert.

Die Wut auf die Schleuserbanden ist nach dem Tod der Flüchtlinge in Dover grenzenlos. In fast allen europäischen Staaten und deren Medien wurde heftig über das Geschehene diskutiert. Dennoch warnen Fachleute vor falschen Schlüssen. Friedrich Burschel von der Berliner Forschungsstelle für Flucht und Migration (FFM) sagt: "Es ist zwar richtig, dass es kriminelle Fluchthelfer gibt, dennoch kommt die Mehrzahl der Menschen ohne Schleuserhilfe nach Europa." Die FFM befürchtet, dass der Schleuser-Begriff als "politischer Kampfbegriff" benutzt werde, um die "EU-Abschottungspolitik" zu rechtfertigen.

Richtig ist, dass die EU seit der österreichischen EU-Präsidentschaft von 1998 versucht, eine restriktivere Einwanderungspolitik umzusetzen. Ende 1999 beschloss die EU beim Gipfel im finnischen Tampere einen Aktionsplan für eine künftige gemeinsame Asyl- und Migrationspolitik. Ziel der Bemühungen ist es, bereits in den Hauptherkunftsländern Flüchtlingsnetzwerke zu bekämpfen. Anscheinend mit Erfolg. Friedrich Burschel nennt eine Zahl. So seien in den letzten Jahren nur rund 17 000 afghanische Flüchtlinge nach Europa gekommen, obwohl in Ländern wie Iran und Pakistan Millionen von afghanischen Flüchtlingen auf eine Weiterreise nach Europa warten.

Die Flucht ist in aller Regel gefährlich. Die Menschenrechtsorganisation "United for intercultural act" geht davon aus, dass seit 1990 in Europa 2000 Menschen beim Versuch der illegalen Einwanderung ums Leben kamen. Dies sind nur die dokumentierten Fälle. Die Zeitung des kirchlichen Entwicklungsdienstes "Überblick" geht sogar davon aus, dass allein in der Meerenge von Gibraltar 3000 Menschen starben.

Der Bundesgrenzschutz hat nach eigenen Angaben 1999 rund 11 000 Ausländer aufgegriffen, die von Schleusern nach Deutschland gebracht werden sollten. Insgesamt seien 37 800 Personen aufgegriffen worden, 3500 weniger als 1998 und 2500 weniger als 1997. Die Zahlen bestätigen die These der FFM, dass nur rund ein Drittel der Flüchtlinge mit Hilfe von Schleuserbanden kommen. Die meisten unerlaubten Einreisen seien an der deutsch-tschechischen und an der deutsch-österreichischen Grenze verzeichnet worden, teilte das Innenministerium am Dienstag mit. Nach Angaben des Ministeriums hat der Bundesgrenzschutz 1999 rund drei Milliarden Mark ausgegeben, etwa 50 Millionen Mark mehr als 1998.

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