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Politik: Immobiliengeschäfte - Wenn sich der Geschäftspartner als Scientologe entpuppt

Hessens CDU ist nicht nur eine "verschworene Kampfgemeinschaft", wie Frankfurts Oberbürgermeisterin Petra Roth jüngst feststellte. Man gibt sich auch hilfreiche Tipps in privaten Angelegenheiten.

Hessens CDU ist nicht nur eine "verschworene Kampfgemeinschaft", wie Frankfurts Oberbürgermeisterin Petra Roth jüngst feststellte. Man gibt sich auch hilfreiche Tipps in privaten Angelegenheiten. Es war im Herbst 1996, als der damalige rechtspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Christean Wagner, seinen Fraktionskollegen Volker Bouffier und Norbert Kartmann eine heiße Geldanlage anpries: Im sächsischen Zwickau waren attraktive Gründerzeithäuser im Angebot, Sonderabschreibung Ost inklusive.

Nacheinander kauften sich die drei Parteifreunde ein. Doch inzwischen haben sie ein Problem. Ihr Geschäftspartner, der Baulöwe Kurt Fliegerbauer, war und ist prominenter Scientologe. Volker Bouffier, seit einem Jahr Hessens Innenminister, Christean Wagner, Justizminister, und CDU-Fraktionschef Norbert Kartmann, die in ihren Reden stets einen scharfen Kurs gegen die Scientology-Sekte propagieren, haben bei Fliegerbauer gekauft, obwohl sie nach Tagesspiegel-Recherchen von seiner Verstrickung hätten wissen müssen. Heute sollen sich die CDU-Politiker auf Antrag der Oppositionsparteien vor dem hessischen Landtag zu den Vorwürfen erklären.

"Wir wissen, dass davon (Scientologyeinfluss) einige Unternehmensberatungsfirmen, einige Immobilienfirmen betroffen sind und dass dort sehr intensiv nachgefragt werden muss", mit diesen Worten hatte die CDU-Kollegin Karin Wolff 1996 im hessischen Landtag vor der Sekte gewarnt. Hätten die drei Ostinvestoren Wolffs Rat beherzigt und wenigstens bei ihren Parteifreunden vor Ort nachgefragt, dann wäre ihnen viel Ärger erspart geblieben, politisch und längst auch geschäftlich, denn Fliegerbauer bezahlt inzwischen für verbriefte Mietgarantien nicht mehr; er und Bouffier liegen im Rechtsstreit.

Schon im Februar 1996 nämlich, ein halbes Jahr vor dem Engagement der hessischen CDU-Prominenten, hatte das Nachrichtenmagazin "Der Stern" unter dem Titel "Ihr Gott heißt Geld" über das Sciontology-Engagement in Ostdeutschland berichtet. Ausführlich schildert das Blatt bereits damals den Investor mit der "unheimlichen Macht", Kurt Fliegerbauer wird sogar mit Foto gezeigt; der Stern zitiert die Hamburger Sekten-Expertin Ursula Caberta, die ihn als "hundertprozentigen Scientologen" bezeichnet. In der Chemnitzer "Freien Presse" erscheinen in der Folge mehrere Artikel über den zwielichtigen Investor. Die CDU-regierte Stadt zieht die Notbremse. Am 10. Februar gibt Baubürgermeister Dieter Vettermann bekannt: "Wir werden keine kommunalen Gebäude mehr an Fliegerbauer verkaufen."

Ein halbes Jahr später investieren die hessischen Parteifreunde in Zwickau. "Hätten sie mich damals gefragt", so heute CDU-Stadtrat Frank Seidel zum Tagesspiegel, "ich hätte ihnen abgeraten." Erst im September 1997, nach einem Zeitungsartikel in "Bild am Sonntag", will Bouffier von der Scientology-Connection erfahren haben. Auf Aufforderung bestätigt ihm Fliegerbauer damals an Eides statt, seine Firma hab nichts mit der Sekte zu tun. Das reichte dem CDU-Abgeordneten offenbar zunächst, obwohl er als innenpolitischer Sprecher sogar den Einsatz des Verfassungsschutzes gegen Scientology gefordert hatte.

Noch im November 1999 soll Bouffier seinem Zwickauer Geschäftspartner sein Bedauern versichert haben, "wenn ihnen in der Öffentlichkeit zu Unrecht Vorwürfe gemacht werden". Der grüne Landtagsabgeordnete Tarek Al Wazir zieht inzwischen eine Parallele des peinlichen Vorgangs zur Finanzaffäre der Hessen-CDU und äußert den Verdacht, "dass es zu den Grundvoraussetzungen eines hessischen CDU-Politikers zu gehören scheint, nicht nachzufragen, wo Geld herkommt oder mit wem man es gerade zu tun hat."

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