zum Hauptinhalt

Politik: Import mit Auflagen

Nach langer Vorbereitung haben nun auch die Befürworter eines kontrollierten Imports embryonaler Stammzellen aus dem Ausland ihren Antrag für die entscheidende Bundestags-Debatte am 30. Januar formuliert.

Nach langer Vorbereitung haben nun auch die Befürworter eines kontrollierten Imports embryonaler Stammzellen aus dem Ausland ihren Antrag für die entscheidende Bundestags-Debatte am 30. Januar formuliert. "Der Deutsche Bundestag spricht sich dafür aus, dass die Einfuhr menschlicher embryonaler Stammzellen und die Forschung an ihnen in Deutschland stattfinden kann", heißt es im Antrag von Forschungsstaatssekretär Wolf-Michael Catenhusen und der Vorsitzenden der Enquete-Kommission "Recht und Ethik der modernen Medizin", Margot von Renesse (beide SPD). Allerdings müssten Voraussetzungen und Bedingungen für den Import gesetzlich geklärt werden. "Damit soll die Forschung auf diesem viel versprechenden Gebiet erfolgen können, ohne dass hierfür weitere Embryonen zerstört werden", heißt es im Antrag, der dem Tagesspiegel vorliegt.

Verschiedene Anträge der Gegner einer Einfuhr liegen bereits vor. Catenhusen und Renesse hoffen nun auf Zustimmung von Politikern aller Parteien für ihren Gegen-Antrag. Zu den darin beschriebenen Import-Auflagen zählt, dass nur solche Zelllinien importiert werden, "die bis zum Inkrafttreten der deutschen Regelung erzeugt worden sind". Die Stammzellen müssen aus "überzähligen" Embryonen gewonnen worden sein. Die Spenderin muss dem zugestimmt und darf kein Geld dafür bekommen haben. Die Forscher in Deutschland müssen zudem die "Hochrangigkeit" ihres Forschungsvorhabens darlegen und nachweisen, dass das Forschungsziel nicht auch mit anderen Stammzellen erreicht werden kann. Die Auflagen sollen sowohl für die öffentlich geförderte wie für privat finanzierte Forschungsvorhaben gelten. Ihre Einhaltung soll von einer "transparent arbeitenden, staatlich legitimierten" Kontrollbehörde kontrolliert werden. Die Behörde müsse dabei von einer hochrangig besetzten Sachverständigenkommission beraten werden. Zudem wird die Bundesregierung aufgefordert, die Förderung der Stammzellforschung in Deutschland zu verstärken, insbesondere im Bereich der adulten Stammzellen und solchen aus Nabelschnurblut.

Am Freitag konnten die ersten SPD-Abgeordneten am Rande der Fraktions-Klausurtagung ihre Unterschrift unter den Antrag setzen. "Da sind bereits genügend zusammengekommen", sagte von Renesse. Nun gelte es, auch Unterstützung aus Reihen der Union und der Grünen zu bekommen.

Am Rande der Grünen-Klausurtagung in Wörlitz waren zwei Fraktionspapiere aufgetaucht, in denen die Tötung von Embryonen zu Forschungszwecken strikt abgelehnt wird. Während aber das Papier der Abgeordneten Monika Knoche ein Totalverbot des Stammzell-Imports verlangt, glaubt eine zweite Gruppe um die Genexpertin Andrea Fischer, dass sich ein Verbot nicht für bereits gewonnene Stammzelllinien durchsetzen lässt. Über die Papiere wurde in der Fraktion jedoch nicht abgestimmt. Die Grünen gehen also ohne Fraktionszwang in die Bundestags-Debatte.

Von einigen Unions-Abgeordneten wie Katherina Reiche und Peter Hintze ist bekannt, dass sie dem Renesse-Antrag gerne unterstützen würden, sich aber noch zurückhalten müssen. Denn in der Unionsfraktion ist noch nicht geklärt, ob die C-Parlamentarier bei der Abstimmung am 30. Januar vom Fraktionszwang befreit werden. Noch versucht die Fraktionsführung, einen eigenen Antrag hinzubekommen. Dass dies gelingt, ist jedoch unwahrscheinlich, zu sehr gehen auch in der Union die Meinungen über die Stammzellforschung auseinander. "Wir werden unseren Antrag erst in den Bundestag einbringen, wenn die Union die Frage des Koalitionszwangs entschieden hat", sagte von Renesse. Ihr Antrag sei bewusst so formuliert, dass viele Abgeordnete ihm zustimmen könnten: Sowohl jene, denen das Papier nicht weit genug geht, als auch diejenigen, die eigentlich gegen den Import sind, aber erkennen, dass er verfassungsrechtlich nicht verboten werden kann.

Die Unsicherheit der Juristen

Der Streit um die Biomedizin wird mit Gesetzen geregelt und am Ende womöglich von Juristen entschieden - in Karlsruhe. Wie groß die Unsicherheit unter ihnen jedoch ist, besagte das Bitburger Forum, das bis zu diesem Samstag dauert. Gesetze, so der Rechtswissenschaftler Bernd Rüthers von der Universität Konstanz, müssten widerspruchsfrei sein. Genau daran reiben sich die Experten. Die Menschenwürde ist unantastbar - so weit reicht der Konsens. Wie aber vertragen sich Abtreibung und die "Pille danach", die die Einnistung des Embryos verhindert, mit absolutem Schutz werdenden Lebens? Und sollte man Abtreibung zulassen, die Präimplantationsdiagnostik aber nicht?

Dass es Widersprüche gibt, bestreitet fast keiner. Die Frage ist, ob die Biomedizin zum Anlass genommen wird, sie auszuräumen, oder neue hinzu zu fügen. Letzteres könnte nach Auffassung des Heidelberger Humangenetikers Claus Bartram am 30. Januar geschehen. Dann entscheidet der Bundestag nicht nur über den Import von Stammzellen. "Ohne es laut zu sagen, legen wir fest, ob verbrauchende Embryonenforschung zulässig sein soll", sagt er. Die Juristen haben wenig, an das sie sich klammern können. Bis heute gibt es keine Einigkeit, ob das Bundesverfassungsgericht in seinen Abtreibungsurteilen das Lebensrecht Ungeborener gestärkt oder eingeschränkt hat. Es gibt unterschiedliche Interpretationen der Sätze, dass menschliches Leben mit der Befruchtung beginne.

Einig sind sich alle, dass das Karlsruher Gericht heute in seiner Zusammensetzung zu ganz anderen Ansichten kommen kann. So bleibt nur das Konzept der Menschenwürde im Grundgesetz. Jost Müller-Neuhof

Markus Feldenkirchen

Zur Startseite