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Wandverkleidung mit Logo und Schriftzug, fotografiert am 30.07.2015 am Hauptterminal des Großflughafens BER in Schönefeld (Brandenburg). Nach dem jetzigen Stand der Dinge soll der Flughafen im zweiten Halbjahr 2017 eröffnet werden und rund 5,4 Milliarden Euro kosten.

© ZB

Update

Imtech meldet Insolvenz an: Delius: "BER-Eröffnung stark gefährdet" - Mühlenfeld setzt Taskforce ein

Imtech, eine wichtige Firma auf der Baustelle des Flughafens BER, ist insolvent. Schon heute sind laut dem Flughafenchef Arbeiter des Gebäudeausrüsters nicht auf der Baustelle erschienen.

Die deutsche Tochter des Gebäudeausrüsters Imtech hat Insolvenz angemeldet - aber was heißt das für den neuen Hauptstadtflughafen BER? Das will jetzt auch Flughafenchef Karsten Mühlenfeld herausfinden; er hat nach der gestern bekannt gewordenen Anmeldung eines vorläufigen Insolvenzverfahrens für die Imtech am Freitagmorgen eine Taskforce eingesetzt, die sämtliche wirtschaftliche, technische, rechtliche und bauablauftechnische Implikationen des Insolvenzverfahrens bewerten soll. Laut einer Mitteilung der Flughafengesellschaft sagte Mühlenfeld: "Imtech ist eine der wichtigen Baufirmen für die BER-Baustelle." Die Imtech-Imsolvenz habe auf jeden Fall Auswirkungen auf die "Meilenstein-Planung", derzufolge die baulichen Arbeiten im März 2016 abgeschlossen sein sollen - und zwar ganz konkrete Auswirkungen: "So sind Teile der Imtech-Belegschaft bereits heute nicht auf der BER-Baustelle erschienen."

Nach der Insolvenz der deutschen Imtech-Tochter sind die Aktien des niederländischen Gebäudeausrüsters Imtech am Freitag nochmals deutlich eingebrochen. Die Titel rauschten in der Spitze um 42,3 Prozent auf ein Rekordtief von 0,69 Euro. Zwischenzeitlich wurden sie wegen der großen Kursverluste vom Handel ausgesetzt. Schon nach der Bekanntgabe des Insolvenzantrags am Donnerstagnachmittag hatten die Aktien rund 40 Prozent verloren.

Die Imtech Deutschland GmbH, eine der wichtigsten Baufirmen für die Fertigstellung des neuen Hauptstadtflughafens BER, hat am Donnerstag beim zuständigen Amtsgericht in Hamburg den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt. Das Unternehmen, das am Bau des neuen Berliner Flughafens mit Heizung, Sanitär- und Lüftungsanlagen beteiligt ist, hatte in den Tagen zuvor vergeblich versucht, sich mit den Geldgebern auf eine Liquiditätsspritze für die Konzerngruppe und deren Töchter zu einigen. Analysten hatten gewarnt, dass Imtech vermutlich nur die Wahl hat, die deutsche Tochter in die Insolvenz zu schicken oder zu verkaufen. Die Firma hatte zuletzt mit einem Korruptionsskandal am BER für Schlagzeilen gesorgt.

Was die Imtech-Insolvenz für den BER bedeutet, ist unkalkulierbar

In der Erklärung der Firma heißt es zwar, dass die Geschäftsbetrieb der Gesellschaft „unverändert fortgesetzt werden“ soll, die Zahlung der Löhne und Gehälter bis Ende Oktober gesichert sei, es Interessenbekundungen von Investoren gebe. Die Auswirkungen auf den BER sind dennoch bisher nicht kalkulierbar, wie der Flughafen in einer Erklärung indirekt selbst einräumt.

Die für 2017 geplante Eröffnung des neuen Hauptstadtflughafens BER in Schönefeld gerät damit womöglich in Gefahr: „Ich halte den Eröffnungstermin für stark gefährdet“, sagte Martin Delius (Piratenpartei) am Freitag. Er stützte sich auf Aussagen des früheren Flughafenchefs Hartmut Mehdorn im Ausschuss, der die Firma als extrem wichtig für das Milliardenprojekt bezeichnet habe. Außerdem warf Delius dem Flughafen-Management Versagen vor. Das Unternehmen hätte sich aus seiner Sicht längst von Imtech trennen sollen. Er verwies auf eine millionenschweren Vorschuss, den die Firma Ende 2012 bekam. „Da hätte klar sein müssen, dass die Firma nicht ganz koscher ist“, sagte Delius.

Imtech für Heizung, Sanitär und Lüftung zuständig

Die Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB) teilte am Donnerstagabend mit, dass unmittelbar nach Bekanntwerden des Antrags auf ein vorläufiges Insolvenzverfahren für Imtech Deutschland „mit der Prüfung der Auswirkungen auf die BER-Baustelle begonnen“ worden sei. Erst danach könne man sich weiter äußern. In einem Telefongespräch am Nachmittag habe der Geschäftsführer der Imtech Deutschland, Felix Colsman, der FBB „maximale Unterstützung bei der Weiterführung der Imtech-Arbeiten am BER“ zugesichert. Man stehe in engem Kontakt.

Imtech Deutschland ist am BER Auftragnehmer für Elektroarbeiten - Schwach- und Mittelstrom - sowie im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft für Heizung, Sanitär und Lüftung im neuen Terminal zuständig, der seit 2012 ein Sanierungsfall ist.

Eigentlich soll der Flughafen im zweiten Halbjahr 2017, fünf Jahre später als geplant, eröffnen. Doch die Arbeiten auf der Baustelle befinden sich aktuell bereits im Rückstand, wie Flughafenchef Karsten Mühlenfeld am Donnerstagmorgen mitteilte, bevor die Imtech-Insolvenz bekannt wurde.

Bei der Finanzierung drohen Risiken

Danach sind bis Ende Juli 45 Prozent der für die Inbetriebnahme nötigen Rest- und Sanierungsarbeiten erledigt, Ende Juni waren es 36 Prozent. Zum jetzigen Zeitpunkt sollten 50 Prozent geschafft sein. Um den Zeitplan zu halten, müssen die Bauarbeiten bis Frühsommer 2016 beendet sein. Auch bei der Finanzierung des neuen Flughafens drohen neue Risiken.

Wie der Tagesspiegel exklusiv erfuhr, haben Fluglärmgegner bei der EU in Brüssel über die Anwaltskanzlei Baumann Beschwerde gegen geplante weitere öffentliche Milliardenspritzen für den BER eingelegt - wegen Wettbewerbsverzerrung gegegenüber anderen Großflughäfen in Europa. Die EU-Kommission prüft derzeit weitere Hilfen von bis zu 2,6 Milliarden Euro für den BER. Ohne grünes Licht aus Brüssel dürfen die 1,1 Milliarden Euro nicht an den Flughafen fließen, aus denen der Fertigbau bis 2017 finanziert werden soll. (mit axf, stb, dpa, rtr)

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