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Politik: In aller Freundschaft

Wie die Christdemokraten sich darauf vorbereiten, mit der Zuwanderung Wahlkampf zu machen

Wie hältst du’s mit der Zuwanderung? Wahlkampfmunition oder nicht? Innerhalb der Union ließ sich daran eine gute Zeit lang ablesen, zu welchem Flügel einer oder eine gehörte. Das scheint vorbei zu sein. Zuwanderung gehört in den Wahlkampf – das meint inzwischen nicht mehr nur Roland Koch, der damit vor vier Jahren Ministerpräsident von Hessen wurde und sein Amt am 2. Februar nicht verlieren will. Dass Koch das Fass pünktlich zum Hannoveraner Parteitag noch einmal geöffnet hat, schreckt diesmal auch die nicht mehr, die vor vier Jahren alles andere als begeistert waren. Er habe damit „überhaupt kein Problem“, sagt etwa Jürgen Rüttgers, der Chef des mitgliederstärksten Landesverbands Nordrhein-Westfalen, eine entsprechende Entscheidung in Karlsruhe vorausgesetzt.

Die Verfassungsrichter werden demnächst über die Klage der Union entscheiden und feststellen, ob das rot-grüne Zuwanderungsgesetz so durch den Bundesrat kam wie vom Grundgesetz vorgeschrieben. Worüber dann mit der Regierung zu reden sein wird, dafür haben sich die Strategen ein weniger belastetes Wort ausgedacht: Nicht um Zuwanderung soll es mehr gehen, sondern um „Integration“ der Ausländer, die hier leben. In Angela Merkels Rede in Hannover heißt das, man dürfe „die Augen nicht verschließen vor den Problemen der Integration“. Und wenn es darauf ankomme, habe man auch keine Scheu, „dieses Thema in aller Freundschaft anzusprechen“.

Auch Peter Müller, der Ministerpräsident des Saarlands, der die Zuwanderungskommission der Partei leitete, will „selbstverständlich“ über das Thema reden. Wenn die Verfassungsrichter dem Oppositionsantrag folgten, „dann ist die Möglichkeit gegeben, diesmal einen wirklich großen gesellschaftlichen Konsens bei der Zuwanderung zu erreichen. Dafür wird die SPD auf uns zugehen müssen, und Schily kann ins Gesetz alles hineinschreiben, was er schon immer wollte". Für Müller heißt das: „strikte Begrenzung“ der Aufnahme von Flüchtlingen auf das, was die Genfer Konvention vorschreibt, eine Härtefallregelung, gegen die abgewiesene Flüchtlinge nicht vor Gericht ziehen können. Und dann wolle man neben Beschränkungen für die Arbeitsmigranten eben auch „nachholende Integration".

Am liebsten allerdings wäre es manchen in der Partei, das Ausländerthema werde so schnell überhaupt keins mehr. Besser gar nicht drüber reden, denn : „Die Leute reagieren darauf allergischer denn je“, heißt es in der Bundestagsfraktion. Dort setzt man darauf, dass die Türkei-Politik der Regierung demnächst ein neues Feld öffnet, auf dem die Union punkten kann. „Wir werden ja sehen, ob Schröder der Regierung in Ankara ein Rendezvous oder einen Beitrittstermin anbietet.“ Widerstand gegen alles, was der Türkei mehr anbietet als die Aussicht, man werde sich mal wieder über das Thema zusammensetzen, hat Angela Merkel angekündigt: Die Türkei in ihrer derzeitigen Lage gehöre nicht in die EU.

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