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Politik: In Bewegung

Israels Regierung versucht vor dem Merkel-Besuch, einen Waffenstillstand mit der Hamas zu schließen

Die gerade ausgehandelte israelisch-palästinensische Feuerpause ist bereits wieder unterbrochen worden. Weil Israel im Westjordanland zuschlug, antwortete der Islamische Dschihad aus dem Gazastreifen. Die israelische Regierung probiert mit Provokationen die Belastbarkeit der Feuerpause mit der Hamas im Gazastreifen aus. Verteidigungsminister Ehud Barak prahlte am Donnerstag mit der vortägigen Tötung von fünf führenden Aktivisten des extremistischen Islamischen Dschihad in den beiden Westbankstädten Bethlehem und Tulkarem. Israel werde auch weiterhin „alle Mörder mit jüdischem Blut an den Händen jagen und ausschalten“.

Der Islamische Dschihad reagierte erwartungsgemäß auf die Tötung der zwei örtlichen Kommandanten seiner Brigaden und von drei Assistenten des Bethlehem-Kommandanten mit der Wiederaufnahme des Raketenbeschusses aus dem Gazastreifen auf die israelische Kleinstadt Sderot und deren Umgebung. Noch am Mittwoch sollen die islamischen Extremisten 15 Kassam-Raketen abgefeuert haben. Am Donnerstag folgten weitere acht Raketen, die aber keinerlei Schaden anrichteten.

Die Tatsache, dass der Beschuss nach einer ersten intensiven Reaktion nicht weiter eskaliert, sondern abnimmt und gleichzeitig die Waffenstillstandsgespräche mit erstmaliger Teilnahme des Islamischen Dschihad in der ägyptischen Wüstenstadt el-Arish weitergeführt werden, gibt zur Hoffnung Anlass. Ägypten hatte mit amerikanischer Rückendeckung diese Feuerpause als erste Phase eines Waffenstillstandes zwischen Israel und der den Gazastreifen beherrschenden Hamas-Bewegung durchgesetzt. Solange die Palästinenser aus dem Gazastreifen keine Raketen auf israelisches Gebiet abfeuern, verzichtet Israel auf militärische Aktionen gegen Ziele im Gazastreifen. Hamas aber verlangt einen „umfassenden Waffenstillstand“, der nicht nur für den Gazastreifen, sondern auch für das Westjordanland gilt – also Israel solche Aktionen wie am Mittwoch in Bethlehem und Tulkarem untersagt. Dazu aber ist die Jerusalemer Regierung nicht bereit.

Ehud Olmert und seine Regierung stehen seit dem Terrorangriff auf die bekannteste Talmudschule, die Yeschiwa Merkaz HaRav in Jerusalem, unter erhöhtem Druck der rechten Opposition. Gefordert wird ein noch härteres, rücksichtsloses Durchgreifen gegen die Palästinenser und die Einstellung aller Verhandlungen. Die Yeschiwa, ideologisches Zentrum der nationalreligiösen Siedler, dementierte einen Medienbericht über Rachepläne ihrer Schüler und Studenten. Unter diesen Umständen ist es Olmert unmöglich, selbst wenn er wollte, der Hamas irgendwelche Konzessionen in den indirekten Gesprächen zu machen.

Die Knesset-Vorsitzende Dalia Itzik hat Mütter aus den beiden nahe des Gazastreifens gelegenen Städten Sderot und Ashkelon zur Festsitzung des Parlamentes eingeladen, auf der Bundeskanzlerin Angela Merkel nächste Woche eine Rede auf Deutsch halten wird. Itzik führt so dem deutschen Gast das derzeit brennendste Problem Israels vor Augen, die Raketenbedrohung aus dem von der Hamas beherrschten Gazastreifen. Die israelischen Gesprächspartner werden Merkel ersuchen, den bisherigen Boykott der Hamas aufrechtzuerhalten, obwohl sie selbst indirekt mit dieser verhandeln.

Merkel wird von sieben Ministern begleitet, die unter anderem an einer gemeinsamen Kabinettssitzung teilnehmen werden. Die Visite Merkels bildet den Auftakt zu einer beispiellosen Besuchswoche in Jerusalem. 14 Besuche von hohen ausländischen Gästen, meist Staats- und Regierungschefs, stehen an. Von ähnlich hoher Bedeutung wie der Besuch Merkels dürften die Visiten zweier als besonders gute Israel-Freunde geltenden Amerikaner sein: des Vizepräsidenten Dick Cheney und des republikanischen Präsidentschaftskandidaten John McCain.

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