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Politik: In der Ehrenrunde

Von Anja Kühne

Ein Wettbewerb zwischen Deutschlands besten Hochschulen ist im Gange – und die Mutter aller modernen Universitäten scheidet schon in der Vorrunde aus. Ein Schock. Wie konnte das geschehen? Die Humboldt-Universität gehört selbstverständlich zu den Forschungsriesen unter den Unis. Sie muss sich vor denen, die jetzt unter die besten zehn gekommen sind, nicht verstecken.

Doch gut sein allein reicht nicht aus in diesem Wettbewerb, in dem es um viel Geld von Bund und Ländern für die Forschung der Unis geht. Die Jury hält in diesem und im nächsten Jahr Ausschau nach je fünf Elite-Unis. Jede der zehn, die sie am Freitag von 27 Bewerberinnen ins erste Finale zuließ, konnte ein originelles Konzept für die eigene Zukunft vorzeigen. Daran ist die Humboldt-Universität gescheitert. Die Qualität ihres Antrags entspricht nicht der Qualität ihrer Forschung. Mildernde Umstände kann die Hochschule allenfalls für sich beanspruchen, weil sie in den Monaten, in denen andere an ihren Anträgen feilten, mit sich selbst beschäftigt war: Präsident Jürgen Mlynek war überraschend zur Helmholtz-Gemeinschaft gewechselt, sein Nachfolger ist erst jetzt angetreten.

Absehbar war, dass die TU Berlin nicht genug starke Forschungsbereiche hat, um in dieser Liga mithalten zu können. So rettete also die FU die Ehre Berlins und zog ins Finale ein. Aber die Bewerbung der FU hängt an einem seidenen Faden. Rein rechnerisch hat sie jetzt zwar eine fünfzigprozentige Chance auf den Elitestatus, mit dem 21 Millionen Euro verbunden sind. Doch tatsächlich dürfte es enger als fünfzig zu fünfzig werden. Es ist gut möglich, dass gleich zwei der fünf Plätze von München besetzt werden, ein dritter an eine kleine Hochschule vergeben wird. Blieben also zwei Plätze für sieben Unis, darunter Namen wie Heidelberg und Karlsruhe. Nein, die FU hat überhaupt keinen Grund für Triumphgeheul, dafür aber jeden Anlass zum Zähneklappern.

Die Jury gibt mit ihrer Entscheidung all jenen etwas auf die Mütze, die sich zu sicher fühlten und meinten, mit Standfußball durchzukommen. Das zeugt von der Souveränität der an der Auswahl beteiligten Wissenschaftler und von ihrem berechtigten hohen Anspruch. Während Favoriten wie die Humboldt-Universität davon verunsichert werden, dürfen sich kreative Außenseiter wie die Uni Bremen, die sich aus ihrem einstigen Tief emporgearbeitet hat, ermutigt fühlen.

Noch etwas wird deutlich. Die Jury zeigt sich blind für das Kriterium Proporz. So wie sie kein Erbarmen mit der altehrwürdigen Humboldt-Universität kennt, schont sie den Osten oder Hessen nicht. Sie scheut auch nicht davor zurück, den Süden entsprechend seiner vielen Stärken angemessen zu bedenken, anstatt zum Ausgleich zur föderalen Gießkanne zu greifen. Es geht allein um Leistung. Das könnte Berlin schaden, weil es dann keinen Hauptstadtbonus bekäme.

Vielleicht könnte Berlin davon aber auch profitieren. Nämlich dann, wenn seine Unis so gut sind, wie sie behaupten. Bislang herrschte das Vorurteil, die Jury werde bestenfalls eine Hauptstadt-Uni erwählen. Doch ebenso, wie man der Jury jetzt zutrauen darf, überhaupt keine Berliner Uni zu küren, so ist es auch möglich, dass nach dem zweiten Finale gleich zwei von ihnen zur Elite gehören. Natürlich nur, wenn die Politik das radikale Leistungsprinzip nicht doch noch ausbremst. Und vor allem dann, wenn Berlins Unis bessere Anträge schreiben.

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