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Politik: In der SPD wächst die Wut auf Köhler

„Der parteipolitischste Präsident, den wir je hatten“ / Müntefering distanziert sich von Attacken

Von
  • Robert Birnbaum
  • Matthias Meisner

Berlin - Während die Regierung versucht, Attacken aus der SPD auf Bundespräsident Horst Köhler zu stoppen, kommen neue hinzu. Regierungssprecher Bela Anda äußerte am Mittwoch scharfe Kritik an Verdächtigungen von SPD-Fraktionsvize Michael Müller, das Präsidialamt streue gezielt Informationen und Gerüchte zu Lasten der Koalition. Auch SPD-Chef Franz Müntefering nannte die Attacken „nicht in Ordnung“. Er sagte im ZDF: „Ich erwarte, dass das eingestellt wird.“ Müller erhielt Unterstützung von seinem Fraktionskollegen Ludwig Stiegler und aus dem Seeheimer Kreis der SPD.

Der Bundeskanzler arbeite „gut und vertrauensvoll“ mit Köhler zusammen, habe „hohen Respekt“ vor Amt und Person des Präsidenten und teile nicht den Verdacht, dass Informationen aus dem Präsidialamt gestreut würden, sagte Anda. Stiegler, der auch Chef der bayerischen SPD ist, sagte dem „Handelsblatt“: „Herr Köhler ist der parteipolitischste Bundespräsident, den Deutschland je hatte.“ Er habe sich mit einer „knallharten CDU-FDP-Entourage“ umgeben. „Hier wird wohl versucht, die Politik zu beeinflussen.“ Köhler ist als Kandidat von Union und FDP in sein Amt gewählt worden. Der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises, Johannes Kahrs, sagte, Köhler sei „ein Präsident, der seiner Aufgabe nicht gewachsen ist und sein Amt mit Parteipolitik verwechselt“. Köhlers Agieren im Zusammenhang mit der Vertrauensfrage sei eine „Schmierenkomödie der billigsten Art – aber der Mann ist eben so“. Volker Beck (Grüne) sagte, er habe „seit Anfang an den Eindruck, dass Köhler sein Amt nicht mit der notwendigen Überparteilichkeit führt“. Nachdem der „Spiegel“ über Schröders Gespräch mit Köhler zu den angestrebten Neuwahlen berichtet hatte, hatte Müller den Verdacht geäußert, diese Details seien vom Präsidialamt lanciert worden. Er deutete zudem an, dass dahinter Köhlers Billigung zu vermuten sei.

Die SPD-Linke Sigrid Skarpelis-Sperk kündigte an, nicht mehr für den Bundestag kandidieren zu wollen. In der SPD sorgten zugleich neue Gerüchte für Unruhe. Der Mainzer Ministerpräsident Kurt Beck bezeichnete eine Meldung, wonach er nach einer Wahlniederlage im Herbst als SPD-Chef vorgesehen sei, als „dummes Zeug“. Die SPD-Arbeitnehmerschaft widersprach einem Bericht, sie suche eine Alternative zu Schröder als Spitzenkandidat.

Die Protagonisten eines Linksbündnisses nahmen derweil offenbar die letzte Hürde für einen gemeinsamen Wahlkampfauftritt. Nach einem Gespräch bei Bundeswahlleiter Johann Hahlen äußerten sich Vertreter von PDS und Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) zuversichtlich. Auch die zuletzt noch strittige Frage des Namens scheint geklärt. WASG-Chef Thomas Händel deutete an, dass es auf den Doppelnamen Demokratische Linke/PDS hinausläuft.

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