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Politik: In der Tastphase

Mit der Abrechnung über Pauschalen sollen die Kosten für Klinikaufenthalte sinken. Die Krankenkasse DAK fürchtet das Gegenteil

Deutsche Patienten liegen im Schnitt doppelt so lange im Krankenhaus wie die Holländer. Das hat eine Studie des Kölner Gesundheitsökonomen Karl Lauterbach ergeben. Die neu eingeführte Abrechnung über Fallpauschalen soll das ändern. Nicht mehr die Dauer des Klinikaufenthalts bestimmt künftig den Preis, sondern das jeweilige Krankheitsbild. Wenn es sich für die Krankenhäuser nicht mehr lohnt, ihre Patienten möglichst lang zu behalten, so die Rechnung der Gesundheitsministerin, sinken nicht nur die Liegezeiten, sondern auch die Ausgaben.

Von wegen, warnt die Deutsche Angestellten-Krankenkasse (DAK). Das Fallpauschalensystem senke keine Kosten, sondern treibe sie weiter in die Höhe. Vor allem für leichte Eingriffe und Kurzzeit-Patienten fielen die Rechnungen nun teilweise doppelt so hoch aus wie früher. Ohne schnelle Korrektur, glaubt DAK-Vorstandschef Hansjoachim Fruschki, werde der Sinn dieser Reform „ad absurdum geführt“. Als Beispiele nennt er eintägige Behandlungen im Schlaflabor, die früher mit 244 Euro, jetzt aber mit 421 Euro abgerechnet würden. Für Mandeloperationen bei Kindern habe sich der Preis sogar verdreifacht: von 188 auf 608 Euro. Außerdem drängten Kliniken ihre Ärzte, möglichst viele Nebenerkrankungen zu diagnostizieren, um auf diese Weise mehr abrechnen zu können.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) weist den Vorwurf bewusster Manipulation zurück. Allerdings müssten sich viele Häuser erst noch an das neue Abrechnungssystem „herantasten“, sagt DKG-Sprecher Andreas Priefler im Tagesspiegel-Gespräch. Die freiwillige Testphase laufe gerade mal vier Monate, „da kann es schon passieren, dass manches noch nicht hundertprozentig sitzt“. Für die Krankenkassen bedeute dies aber keinerlei Mehrkosten: Die Klinikbudgets seien bis Ende 2004 festgeschrieben.

An der freiwilligen Erprobung der Fallpauschalen nehmen laut DKG rund 1400 Kliniken teil; fast 800 entschieden sich noch kurzfristig, als Ministerin Ulla Schmidt ihnen versprach, sie dafür von der beschlossenen Nullrunde für Krankenhäuser zu befreien. Erst im Jahr 2007 sollen die Fallpauschalen Pflicht werden. Man sei sich einig gewesen, dass es sich um ein „lernendes System“ handle, erinnert Priefler. Jährlich werde es von einem Selbstverwaltungsgremium in Siegburg überarbeitet – und darin hätten auch die Krankenkassen Sitz und Stimme.

Allerdings gebe es bei einem Pauschalsystem immer Gewinner und Verlierer, sagt Priefler. „Wer Kurzzeitpatienten hat, profitiert, wer Patienten länger behält, legt drauf.“ Und die erhofften Spareffekte? Wenn überhaupt, erwartet sie die Krankenhausgesellschaft erst in sieben bis zehn Jahren.

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