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Politik: In der Umlaufbahn

Die Neugliederung der Länder wird gern debattiert, aber ungern umgesetzt – einige Regierungen ziehen die engere Kooperation vor

Sie kommt so zuverlässig wie der Halleysche Komet, die Debatte um eine Länderneugliederung (wobei sie häufiger erscheint als Halley). Der Mannheimer Historiker Klaus- Jürgen Matz hält das Thema gar für eine „deutsche Obsession“. Derzeit ist sie wieder zu erleben. Das Problem ist: Trotz aller Sonntagsvorschläge erscheint eine radikale Lösung – aus sechzehn Ländern mach neun oder gar nur sieben – so unwahrscheinlich wie der Einschlag von Halley im Saarland oder in Ostvorpommern. „Ebenso wichtig wie undurchführbar“, meint der Stuttgarter Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) leicht resigniert angesichts der Widerstände.

Zwar sieht das Grundgesetz vor, dass das Bundesgebiet neu gegliedert werden kann, wenn Länder nach Größe und Leistungsfähigkeit ihre Aufgaben nicht erfüllen können. Doch ist für jede Veränderung ein Volksentscheid nötig, der nach Ansicht der meisten Beteiligten nur dazu führen würde, den Status quo zu erhalten – jedenfalls in den Flächenländern, wo „Identität“, von der Politik gefördert, am Lande hängt. „Ohne die Unterstützung und Einsicht der Bürger kommen wir keinen Schritt voran“, sagt Teufel, der sein Baden-Württemberg gerne als gelungenes Beispiel preist. Es ist das einzige Beispiel.

Allenfalls die Einbindung der Stadtstaaten in die umliegenden Länder hat eine gewisse Erfolgsaussicht. Berlin und Brandenburg wollen es bis 2009 schaffen. Hamburg würde in einen Nordstaat eintreten, doch den wollen Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern nicht. Der Grund, abgesehen von den Postenvorteilen eigenständiger Politik: Sie fürchten eine Dominanz der reichen Hansestadt. Denn in der Politik gilt wie auf der Kirmes: Wer die Musik bezahlt, darf sich die Stücke wünschen. Das marode Bremen wehrt sich erfolgreich dagegen, im wenig besser gestellten Niedersachsen aufzugehen.

Wie groß die Einsparungen einer Neugliederung wirklich wären, lässt sich kaum berechnen, weil die Unwägbarkeiten zu groß sind. Im Fall der Stadtstaaten etwa fielen Regierungen und Parlamente nicht komplett weg, weil zwar der Landesstatus verloren ginge, nicht aber die städtische Eigenständigkeit. Im Falle der Flächenländer wird argumentiert, es gäbe weniger Landtage und weniger Ministerialbürokraten. Gegner der Neugliederung halten dagegen, dass bei Fusionen ein neuer Landtag nicht wesentlich weniger Abgeordnete hätte als seine Vorgänger-Parlamente. Und was an Ministerialbürokratie gespart werde, müsse durch die wohl nötigen Regierungspräsidien ausgeglichen werden. Denn aus drei schwachen Ländern wird noch kein starkes Land. Und der Finanzausgleich wird allein nach den Steuereinnahmen berechnet. Ein weiterer Grund, sich gegen eine Neugliederung zu wehren, ist der Verlust an Einfluss: Rheinland-Pfalz und das Saarland bringen es getrennt auf sieben Stimmen im Bundesrat, zusammen wären es vier. Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben 12 Stimmen, ein großes mitteldeutsches Land hätte sechs.

Immerhin haben die Regierungen in Dresden, Erfurt und Magdeburg erkannt, dass das Aufheben von Grenzen nicht unvernünftig sein muss. In den drei Ländern regiert die CDU, diese Konstellation soll genutzt werden, um einiges durchzusetzen. „Kooperation so eng wie möglich, aber keine Neugliederung“, sagt der Thüringer Ministerpräsident Bernhard Vogel. Man will bei der Wirtschaftsförderung und der Verkehrsplanung Kräfte bündeln und zentrale Behörden zusammenlegen. Bei den Landeszentralbanken ist das teils schon der Fall. Von denen gibt es, analog zu einigen Fusionsideen, nur neun.

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