zum Hauptinhalt

Politik: In Schweden sind die Akten gläsern Das Öffentlichkeitsprinzip

Von Sven Lemkemeyer Sie wollten schon immer wissen, was Ihre Nachbarn verdienen, was sie auf der hohen Kante haben? Warum gehen Sie nicht einfach zum Finanzamt und fragen?

Von Sven Lemkemeyer

Sie wollten schon immer wissen, was Ihre Nachbarn verdienen, was sie auf der hohen Kante haben? Warum gehen Sie nicht einfach zum Finanzamt und fragen? In Schweden ist das eine Selbstverständlichkeit.

Möglich macht dies das im Grundgesetz verankerte „Öffentlichkeitsprinzip“. Danach sind alle in einer Behörde vorhandenen Akten und Dokumente – auch elektronisch gespeicherte – für die Allgemeinheit zugänglich. Offenheit ist die Grundregel, Geheimhaltung die Ausnahme. Wenn Daten nicht herausgegeben werden sollen, muss dies begründet werden. Dem Antragssteller steht der Klageweg offen. Meistens geben die Gerichte dem Einspruch statt. Durch das Öffentlichkeitsprinzip sind auch Protokolle von Polizeiverhören, Fotos, die für Pässe eingereicht werden, oder Dienstabrechnungen der Minister für jeden einsehbar.

Dies macht es vor allem den schwedischen Journalisten leicht, „Enthüllungsdokumente“ zu beschaffen. Am eigenen Leib erfuhr dies Mitte der 90-er Jahre die heutige Integrationsministerin und damalige Vize-Ministerpräsidentin Mona Sahlin. Die Sozialdemokratin musste ihre Hoffnungen begraben, Regierungschefin zu werden. Journalisten hatten überprüft, wofür sie ihre dienstliche Kreditkarte benutzt hatte. Die Recherchen ergaben: Sahlin hatte damit einige Male auch Schokolade und Windeln für ihre Kinder gekauft. Obwohl Sahlin alles auf Krone und Öre zurückzahlte, blieb ihr wegen des starken öffentlichen Drucks nur der Rückzug ins zweite Glied.

Kontrolle und Rechtssicherheit sind die wichtigsten Gründe für das Öffentlichkeitsprinzip, dessen Ursprung auf das erste schwedische Pressegesetz aus dem Jahr 1766 zurückgeht. Seit 1923 gibt es zudem das schwedische Institut gegen Bestechung. Es wird von den Handelskammern, der Industrie und den Arbeitgebern getragen, und wacht darüber, wer von wem welche Begünstigung erhält. Zudem gibt es ein Gesetz gegen Bestechung, das eine Höchststrafe von zwei, in schweren Fällen bis zu sechs Jahren Gefängnis vorsieht.

NAME

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false