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Politik: Indien streitet über Korruptionsgesetz

Unterhaus stimmt erst mal zu / Kritikern reichen die Pläne nicht aus.

Nach mehr als 40 Jahren hat Indiens Unterhaus, Lok Sabha genannt, erstmals ein Gesetz gegen Korruption in Amts- und Regierungsstuben gebilligt. Es sieht die Bildung eines neunköpfigen Wächtergremiums vor, das Korruptionsvorwürfen gegen Minister, Abgeordnete und Beamte nachgehen soll. Am Donnerstag soll das Oberhaus über die Novelle beraten. Dort hat die Regierung aber keine Mehrheit.

Das Echo auf das Gesetz war geteilt. Während die regierende Kongresspartei es als Durchbruch verkaufte, nannten Kritiker es einen zahnlosen Tiger. „Die Regierung hat das Volk betrogen“, schimpfte Indiens Anti-Korruptionsheld, der 74-jährige Anna Hazare. Hazare hatte im Sommer mit einen Hungerstreik eine Protestwelle losgetreten, die die Regierung zum Handeln zwang. Damals hatten ihn Hunderttausende in ganz Indien unterstützt.

Doch sein Stern scheint zu verblassen. Nach nur einem Tag brach er am Mittwochabend einen neuen Hungerstreik in Mumbai ab, mit dem er ein schärferes Gesetz erzwingen wollte. Offiziell hieß es, er habe Fieber. Doch Medien spekulierten, er habe sich nur gesichtswahrend aus der Affäre ziehen wollen – nachdem die Massen diesmal fernblieben. Der streitbare „Gandhianer“ will nun durch die fünf Bundesländer tingeln, in denen Anfang 2012 Wahlen anstehen, und das Gesetz als Augenwischerei anprangern.

Größter Streitpunkt ist der Status der Polizeibehörde CBI, dem indischen Pendant des FBI. Die Regierung lehnt es ab, das CBI der Anti-Korruptionsbehörde zu unterstellen. Stattdessen soll das CBI weiterhin von der Regierung kontrolliert werden. Das CBI steht jedoch im Ruf, nicht selten der Politik zu Willen zu sein. So verschwinden mal Beweise, Untersuchungen werden verschleppt oder Ermittlungen gegen Oppositionspolitiker angestrengt. Premierminister Manmohan Singh verteidigte die Regierungsposition. Würde das CBI dem Wächtergremium unterstellt, würde eine Instanz entstehen, die nicht einmal dem Parlament Rechenschaft schulde, warnte er. Dies verstoße gegen die Prinzipien von Indiens Verfassung und Demokratie.

Die Korruption gilt als eine der größten Hürden für Indiens Aufstieg. Dennoch waren alle ähnlichen Gesetzesvorstöße in den vergangenen 43 Jahren zuvor am Parlament gescheitert. Doch eine Serie von milliardenschweren Betrugsskandalen hatte vergangenes Jahr den Zorn des Volkes weiter angefacht. Auf dem Korruptionsindex von Transparency International stürzte Indien auf Platz 95 ab und schnitt schlechter ab als der Rivale China, der auf Platz 75 kam. Auch ausländische Unternehmen sehen die wachsende Korruption mit Sorge. Bereits 2010 waren die ausländischen Investitionen um fast ein Drittel eingebrochen.

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