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Inhaftiert in der Ukraine: Julia Timoschenko.

© dapd

Update

Inhaftierte Politikerin: Charité-Chef will Timoschenko in Berlin behandeln lassen

Julia Timoschenko hat nach Ansicht von Spezialisten der Berliner Charité bisher keine angemessene medizinische Behandlung erhalten. Charité-Chef Einhäupl appelliert an den ukrainischen Präsidenten, die inhaftierte Ex-Regierungschefin ausreisen zu lassen.

Berlin - „Es ist offensichtlich, dass die Ärzte das Krankheitsbild nicht ernst genommen haben“, sagte der Charité-Chef Karl Max Einhäupl am Freitag in Berlin. Die Patientin habe im Oktober einen Bandscheibenvorfall gehabt und leide seitdem unter starken Schmerzen. Die notwendigen Untersuchungen wurden nach Angaben des Neurologen erst drei Monate später gemacht. Sie sei in der Haft „nicht adäquat behandelt“ worden und erhalte auch jetzt „nicht die optimale Therapie“.

Timoschenkos Misstrauen gegen die ukrainischen Ärzte ist aus Einhäupls Sicht vor diesem Hintergrund „nachvollziehbar“. Die Oppositionspolitikerin lässt sich in der Haft nicht einmal Blut abnehmen oder eine Injektion geben, da sie fürchtet, auf diese Weise mit Krankheitserregern infiziert zu werden. Im Gespräch mit den deutschen Spezialisten verwies sie darauf, dass der ebenfalls inhaftierte Ex-Innenminister Juri Luzenko sich erst im Gefängnis mit Hepatitis infiziert habe.

Bilder: Sorge um Julia Timoschenko

Bei ihrem Besuch in Charkiw vor zwei Wochen stellten Einhäupl und sein Kollege Norbert Haas fest, dass es der Patientin deutlich schlechter ging als bei der ersten Visite im Februar. „Der Gesamteindruck hat sich durch die Chronifizierung der Schmerzen deutlich verschlechtert“, sagte der Chirurg Haas. „Die Patientin hat auf uns einen sehr verzweifelten Eindruck gemacht“, sagte Einhäupl.

Der Chef der Berliner Charité appellierte an den ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch, Timoschenko aus humanitären Gründen ausreisen zu lassen, damit sie in der Charité angemessen behandelt werden kann. Dies sei „wahrscheinlich der einzige vernünftige Weg, das Problem in den Griff zu bekommen“. Dagegen sehen die beiden Ärzte den jüngsten Vorschlag aus der Ukraine mit großer Skepsis: Kiew hatte darum gebeten, dass deutsche Ärzte Timoschenko in der Ukraine behandeln. „Ich habe Zweifel, dass es uns möglich sein wird, in der Ukraine die Behandlung erfolgreich durchzuführen“, sagte Einhäupl dazu. Mit der Entsendung von ein oder zwei Ärzten ist es nach Ansicht des Charité-Chefs nicht getan, da zur Behandlung chronischer Schmerzen Mediziner verschiedener Fachrichtungen gebraucht werden.

Allerdings kann die Charité kein ganzes Ärzteteam für längere Zeit nach Charkiw schicken. In der kommenden Woche wollen die beiden Ärzte Timoschenko erneut untersuchen, da sie davon ausgehen, dass sich ihr Gesundheitszustand durch den Hungerstreik weiter verschlechtert.

In dem Prozess ist eine für Samstag angesetzte Verhandlung verschoben worden. Die Fortsetzung des Prozesses könne nicht in Abwesenheit der Politikerin erfolgen, begründete Richter Kostjantin Sadowski die Entscheidung. Der Prozess werde deshalb auf den 21. Mai verschoben. Vor dem Gericht demonstrierten rund tausend Anhänger Timoschenkos. (mit AFP)

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