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Die Innenminister von Bund und Ländern wollen ein Alkoholverbot in Bahnen bei Fußballspielen. Das war aber nicht das einzige Thema, was Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU, 2. v. links) mit seinen Länderkollegen besprochen hat.

© dapd

Update

Innenministerkonferenz: Fußballclubs müssen mehr gegen Gewalt tun

Drei Tage lang haben die Innenminister von Bund und Ländern in Mecklenburg-Vorpommern konferiert und diverse Themen besprochen: von den Rockerclubs über die Salafisten bis zur Facebook-Fahndung. Ein Thema aber stand im Mittelpunkt.

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Irgendwann konnte sich selbst Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) nicht mehr zügeln. Als auf der Pressekonferenz nach der Innenministerkonferenz in Göhren-Lebbin sein niedersächsischer Amtskollege Uwe Schünemann (CDU) darüber sprach, dass es ja in englischen Stadien schon lange keine Stehplätze mehr gebe, warf Friedrich nur schnippisch ein: "Die stehen trotzdem alle." Außer Schünemann konnte sich kaum einer das Schmunzeln verkneifen. Denn auch der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) und der Innenminister Mecklenburg-Vorpommerns waren auf dem Podium, um über die Ergebnisse der Innenministerkonferenz (IMK) zu berichten. Ob die Abschaffung der Stehplätze in deutschen Fußballstadien nun das Allheilmittel gegen Fußballgewalt ist, darüber herrscht wohl keine große Einigkeit.

Grundsätzlich aber sind sich die Innenminister- und senatoren von Bund und Ländern einig, dass das Thema Gewalt in Fußballstadien eine große Herausforderung ist. Und sie haben eine gemeinsame Botschaft: "Der Kuschelkurs ist vorbei." Die Innenminister wollen sich noch vor Beginn der neuen Spielzeit mit Vertretern des Deutschen Fußball Bundes (DFB) und der Deutschen Fußballliga (DFL) zusammensetzen, um über weitere Sicherheitsmaßnahmen zu reden. "Es geht nicht mehr um das ob, sondern nur noch um das wie", sagte Jäger. Die Innenminister verschärften ihren Ton gegenüber den Fußballverbänden. "Es ist viel versprochen wurden, aber nur wenig gehalten", sagte Schünemann.

Das Chaos-Spiel in Düsseldorf in Bildern:

Eine Maßnahme, die die Länder und der Bund treffen wollen, ist ein Alkoholverbot bei Fußballspielen in den Zügen des öffentlichen Nahverkehrs und der Deutschen Bahn. "Wir werden das prüfen", sagte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz Caffier. Doch die Innenminister und -senatoren verlangen vor allem von den Verbänden und Vereinen mehr Anstrengungen. So müssten die Verbände mehr Geld für Präventionsmaßnahmen ausgeben und klare Standards für Fanprojekte definieren. Derzeit würden sie sich mit rund einem Drittel an den Kosten für 51 Fanprojekte in den oberen drei Ligen beteiligen. "Aber wir erwarten, dass von den 628 Millionen Euro an Fernseheinnahmen mehr Geld in die Prävention fließt - ungefähr zehn Millionen Euro statt der bisherigen drei Millionen", sagte Schünemann. Die bei den Ländern und Kommunen dadurch freiwerdenden Mittel sollten für Präventionsprojekte unterhalb der dritten Liga verwendet werden.

Aufräumarbeiten nach dem Skandalspiel in Bildern:

Sollten die Vereine nicht bereit sein, weitere Maßnahmen gegen Fangewalt zu treffen, müsste auch über eine Ausweitung der Polizeieinsätze nachgedacht werden. Und laut den Innenministern müsste dann auch über eine Kostenübernahme durch die Vereine und Verbände gesprochen werden. Außerdem fordern die Innenminister eine konsequentere Umsetzung der Handlungsempfehlungen der Task Force Sicherheit der DFB-Kommission „Prävention und Sicherheit“. Dazu gehören eine Verbesserung der Videotechnik, die bessere Qualifizierung der Ordnungskräfte, die Intensivierung von Einlasskontrollen sowie die konsequente Durchsetzung von Stadionverboten. Weitere Maßnahmen seien etwa der Einsatz von heimischen Ordnern auch bei Auswärtsspielen und die Personalisierung von Tickets. Zuletzt war es vor allem beim Relegationsspiel zwischen Fortuna Düsseldorf und Hertha BSC zu Zwischenfällen gekommen - insbesondere mit dem Einsatz von Pyrotechnik. Jäger schlug Bußgelder vor, die die Vereine gegenüber Stadionbesuchern verhängen sollten, die Pyrotechnik im Stadion einsetzen.

Bundesweites Verbot von Rockerclubs prüfen

Zweiter Schwerpunkt der dreitägigen Innenministerkonferenz war der Umgang mit Rockerclubs in Deutschland. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich will ein bundesweites Verbot dieser Clubs zumindest prüfen lassen. Zunächst müssten die Ergebnisse der Razzien aus den vergangenen Tagen vorliegen, um zu prüfen, ob auch bundesweite Strukturen der Rockerclubs erkennbar seien. "Sollte das der Fall sein, gibt es kein Ermessen mehr, sondern die Pflicht des Bundes, entsprechend auf Bundesebene Verbote auszusprechen", sagte Friedrich. In den vergangenen Tagen hatte es Einsätze gegen Berliner und Potsdamer Hells Angels gegeben. Auch in anderen deutschen Städten war die Polizei gegen Rockerclubs vorgegangen. Eine Sektionen wurde in Berlin auch verboten. Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) dämpfte aber die Erwartungen an ein bundesweites Rockerverbot. "Ein bundesweites Verbot eines Rockervereins ist erstmal eine gute Idee, aber es bleibt offen, wie das juristisch durchzusetzen wäre. Die Sicherheitsbehörden müssten nachweisen, dass ein Rockerclub in ganz Deutschland, beispielsweise die Hells Angels, so stark vernetzt ist, dass die Aktivitäten einer Sektion in Bayern auch zumindest indirekt denen eines Berliner Vereins zuzurechnen wären. Das erscheint derzeit nicht umsetzbar", sagte er dem Tagesspiegel. Einen Beschluss zum Thema Rockerclubs hat die IMK aber ohnehin nicht gefasst. 

Ebenfalls ein wichtiges Thema der Innenministerkonferenz war der Umgang mit Salafisten in Deutschland. Rund 1500 gewaltbereite Salafisten gibt es laut Jäger, der De-Radikalisierungskonzepte und Ausstiegsprogramme forderte.

Weitere Themen der Konferenz waren gestiegene KfZ-Diebstähle, aber auch der Einsatzes der Facebook-Fahndung. "Diese bietet große Chancen, Täter dingfest zu machen und vor allem von der jüngeren Generation Hinweise auf Täter zu bekommen", sagte Schünemann. Datenschützer hatten Bedenken Um Standards dafür zu entwickeln, wie die Polizei dieses Fahndungsmittel einsetzen könne, müsste man sich mit Datenschützern zusammensetzen.

Auch ein mögliches neues NPD-Verbotsverfahren spielte am Rande der IMK eine Rolle. Der Vorschlag einiger Innenminister, bei der Prüfung zu einem möglichen NPD-Verbotsverfahren den ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgericht, Hans-Jürgen Papier, als Gutachter einzuschalten, wird erstmal nicht weiter verfolgt, wie es aus IMK-Kreisen heißt. Der Widerstand gegen die Idee, für die sich unter anderem der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann eingesetzt hatte, war zu groß. Einige Minister befürchten, ein Beschluss, Papier eine Art Mitspracherecht zu geben, würde in der Öffentlichkeit bereits als Signal für den Ausstieg aus der Verbotsdebatte gewertet. Papier hatte sich vor wenigen Monaten skeptisch zu den Aussichten eines zweiten Verfahrens geäußert.

Korrektur: Bei den Salafistenzahlen hat sich eine Null zu viel in den Text geschlichen, deshalb haben wir die Textstelle korrigiert.

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