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Innere Sicherheit: Verfassungsschutz soll neue Kompetenzen bekommen

Der Verfassungsschutz soll nach Plänen des Innenministeriums zur Polizei werden. Das steht in einem Koalitionsentwurf der CDU, der der "Süddeutschen Zeitung" vorliegt

Das Bundesinnenministerium plant den Umbau der deutschen Sicherheitsbehörden nach der Bundestagswahl. Der Bundesverfassungsschutz solle zahlreiche neue Kompetenzen erhalten und zur allgemeinen Sicherheitsbehörde ausgebaut werden, schreibt die Süddeutsche Zeitung. Beamte aus dem Ministerium von Wolfgang Schäuble (CDU) haben das Konzept in einem "Vorbereitungs-Koalitionspapier" niedergeschrieben, das dem Blatt aus München vorliegt. Es trägt das Datum vom 22. September.

Die darin enthaltenen Forderungen gehen über das Wahlprogramm der CDU hinaus: Das Strategiepapier aus dem Innenministerium sieht eine Zusammenlegung des Verfassungsschutzes mit der Polizei vor. Die Verfassungsschützer sollen außerdem auf die Daten der Vorratsdatenspeicherung zugreifen und die Computer Verdächtiger online durchsuchen dürfen. Das gehört bisher zu den Aufgaben der Justiz und der Polizei.

Der Bundesverfassungsschutz beobachtet bisher vor allem extremistische Gruppierungen, welche die Sicherheit Deutschlands gefährden und die "freiheitliche demokratische Grundordnung" bekämpfen wie Neonazis, Linksextreme und islamistische Terrororganisationen. Die Abwehr ausländischer Spione, der Schutz vor Sabotage und die Sicherheit der deutschen Wirtschaft gehören ebenso zu den Aufgaben der Behörde.

In dem "Vorbereitungs-Koalitionspapier" wird zudem gefordert, dass der genetische Fingerabdruck als "erkennungsdienstliche Standardmaßnahme" eingeführt wird. Bislang nehmen die Behörden DNA-Proben lediglich von Schwerverbrechern. Außerdem steht in dem Papier, dass V-Leute nicht mehr für Straftaten belangt werden, die zum szenetypischen Verhalten gehören. Der Verfassungsschutz setzt verdeckte Ermittler ein, um verfassungsfeindliche Organisationen auszuspionieren. Diese Methode hat zahlreiche Kritiker, auch weil ein Verbot der NPD vor dem Bundesverfassungsgericht wegen des massiven Einsatzes von V-Leuten in der rechtsextremen Partei scheiterte.

Der Vorstoß aus dem Innenministerium scheint der Legalisierung einer umstrittenen Praxis zu dienen. Bisher führten die deutschen Geheimdienste Online-Durchsuchungen offenbar heimlich durch. Eine kleine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Wolfgang Wieland (Grüne) ergab 2007 bereits, dass Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst und der Militärische Abschirmdienst (MAD) "eine heimliche Informationserhebung mittels Online-Durchsuchung" durchführen. Wieland sprach von einem "Skandal" und sagte: "Die Bürger müssen damit rechnen, dass die Inhalte ihrer PCs von deutschen Geheimdiensten ohne ausreichende Rechtsgrundlage und unter Bruch ihrer – in der Verfassung verbürgten – Grundrechte heimlich ausgespäht werden."

Das Innenministerium hatte in der nun zu Ende gehenden Legislaturperiode mehrfach den Versuch unternommen, die Trennung zwischen Polizei und Geheimdiensten aufzuheben. Schäuble steht bereits wegen des "Gesetzes zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt" in der Kritik. Das BKA soll danach Befugnisse der Geheimdienste übertragen bekommen.  

Zum "Vorbereitungs-Koalitionspapier" sagte ein Sprecher von Minister Schäuble, dass es sich dabei um einen Wunschzettel handle. Referatsleiter hätten Punkte zusammengetragen, die in der laufenden Legislaturperiode nicht umgesetzt wurden. Das neue Kabinett soll sich später damit beschäftigen.

Quelle: ZEIT ONLINE

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