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Politik: Ins Ehrenamt befördert

Baden-Württembergs Finanzminister Stratthaus wurde abserviert – der Südbadener Stächele soll nachfolgen

Baden-Württenbergs Regierungschef Günther Oettinger ist bekanntermaßen ein Mann, dessen Entscheidungen bisweilen schwer nachvollziehbar sind. Jetzt rätselt das Land über seine jüngste Personalrochade im Finanzministerium.

„Nennen Sie zwei baden-württembergische Landesminister“, fragt Gerhard Stratthaus schelmisch in die Runde, „nur mein Name darf nicht dabei sein.“ Da werden die Gesprächspartner schnell still. Denn im Kabinett Oettingers war der 65-jährige Christdemokrat der Leuchtturm, der einzige Ressortchef mit bundesweiter Reputation. Und, völlig ungewöhnlich für einen Finanzminister, beliebt obendrein. Sachgerechtigkeit und Vernunft wolle er in die Politik bringen, versprach der einstige Schwetzinger OB kurz nach seiner Bestallung 1998. Zwei Stunden hatten er und der damalige Regierungschef Erwin Teufel gebraucht, um die Personalie festzuzurren. Seither hat die Stimme aus dem Südwesten Gewicht, ob einst bei der Agenda 2010 oder den aktuellen Steuerreformen.

Teufels Nachfolger Oettinger hat hernach zwei Jahre darauf verschwendet, ihn nach Kräften zu demontieren. Der joviale, erdverbundene und erfrischend uneitle Stratthaus wurde nur bis zum Mai 2006, der letzten Landtagswahl, als Aktivposten anerkannt. In den Koalitionsverhandlungen verlangte die FDP, man möge zur Halbzeit der Legislatur doch einen Minister wegsparen. Ohne Not und aus dem Bauch heraus nannte Oettinger damals Stratthaus’ Namen, weil der 2008 schließlich 65 Jahre alt werde. Seither ist er Finanzminister auf Zeit.

Längst wissen die Liberalen um den Sprengsatz – auf dem Bauernopfer Stratthaus beharrten sie nicht. Nur Oettinger beruft sich sklavisch auf den Koalitionsvertrag. In der vergangenen Woche ließ er in einem Interview noch Interpretationsspielraum: Es sei offen, welcher Minister das Kabinett verlassen werde. Hatte er am Ende doch das Votum des jüngsten Parteitages verstanden, der Stratthaus zum Stimmenkönig im CDU-Vorstand kürte? Nein. In seiner wöchentlichen Pressekonferenz platzte es am Dienstag aus Oettinger heraus, „der Kollege Stratthaus kann einige ehrenamtliche Aufgaben in der Regierung wahrnehmen“. Der daneben sitzende Kassenwart, vorab keineswegs informiert, runzelte kurz die Stirn und entgegnete mit guter Miene, seine Vorstellungskraft über die künftige Verwendung sei gänzlich unbeschränkt.

Nach diesem verbalen Rauswurf nun am Donnerstag die Nachfolgeregelung: Weder der sanft-freundliche Innenminister Heribert Rech noch der eitle Statthalter des Landes in Berlin, Wolfgang Reinhart, rücken nach, sondern der lebensfrohe Südbadener Willi Stächele (56), der gerne Weinprinzessinnen küsst und als Vorsitzender des mächtigen CDU-Bezirks am Oberrhein schon lange nach einem „richtigen“ Amt verlangt. Wie Stratthaus war auch Stächele Bürgermeister (im Weinort Oberkirch), drum unterstellt man ihm, er wisse zumindest mit Zahlen Bescheid.

Warum tut Oettinger sich und anderen eine solch sprunghafte Personalpolitik an? Er hat auch diesmal wieder gezaudert bis zum Geht-fast-nicht-mehr, denn heute geht die Südwest-Union in Klausur. Immer will Oettinger allen alles recht machen, jeden mitnehmen aus lauter Harmoniestreben. Um dann im Endeffekt umso mehr Weggefährten zu düpieren – wie jetzt den nie und nimmer amtsmüden Gerhard Stratthaus.

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