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Politik: Inselleben statt Integration

Experte: Muslimvereine grenzen sich ab und sind reformfeindlich

Von Frank Jansen

Das Thema ist heikel und wird meist nur mit Vorsicht diskutiert. Doch nun hat ein Experte der Friedrich-Ebert-Stiftung harte Thesen zur Integrationsbereitschaft der Wortführer der etwa 3,2 Millionen Muslime in Deutschland geäußert. Die Politik der Moscheevereine und etablierten Verbände sei oft destruktiv und ziele auf die Bewahrung religiöser und kultureller Unterschiede, sagte Johannes Kandel auf einem Symposium des Berliner Verfassungsschutzes zum Islamismus in Deutschland. Der Politologe attestierte den „Organisierten“ ein in der Regel „konservativ-orthodoxes Islamverständnis“ und ein autoritär-patriarchalisches Frauenbild. Zudem setzten sie sich viel zu wenig mit islamistischen Ideologien auseinander und hätten nach dem Terror des 11. September einen kritischen Diskurs verweigert.

In den Medien vieler Vereine und Verbände würden islamische Reformer und liberale Muslime ignoriert, dagegen fände sich „die ganze illustre Palette klassischen islamistischen Schrifttums“ – selbst der zum Islam konvertierte französische Holocaust-Leugner Roger Garaudy fehle nicht. Kandel warnte, nicht nur islamistischen Organisationen gehe es um „die Schaffung islamischer Inseln“ in einer als feindlich und ungläubig geltenden Umgebung. So habe in Berlin der marokkanische Imam Abu Saif vorgeschlagen, außerhalb der Stadt ein Gelände zu suchen, um eine Pilgerstätte mit Moschee, Schlachterei, Küchen, Werkstätten und Krankenhaus zu errichten, wie es sie im türkischen Reich gegeben hat. Kandels Fazit: Die meisten muslimischen Verbände seien „vornehmlich Identitätswächter und nicht Integrationslotsen“.

Werner Schiffauer von der Europa-Universität Frankfurt (Oder) versuchte, die größte türkische Islamistenorganisation in Deutschland, Milli Görüs, in Schutz zu nehmen. Es gebe dort einen Reformflügel, sagte er und warf dem Verfassungsschutz vor, er blockiere mit seinen Berichten einen Wandel. Die Chefin des Berliner Verfassungsschutzes, Claudia Schmid, konterte mit einem Zitat: Ein Milli-Görüs-Mann habe der Behörde in einem Schreiben indirekt gedroht, „aus dem 11. September haben Sie nichts gelernt“.

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